LÖBLICHE SINGERGESELLSCHAFT
VON 1501
PFORZHEIM


Bericht Pforzheimer Zeitung vom 13.03.2006

Von der Lust und der Mühsal des Reisens
Musikalisch-literaritsche Matinee der Löblichen Singergesellschaft im PZ-Forum

anlässlich der Matinee zum Mozartjahr 2006 „Von der Lust zu Reisen“
am 12.03.2006
Ines Müller-Busch und Chiharu Abe

 

Bericht

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In fein abgestimmter Korrespondenz: Flötistin Ines Müller-Busch und Chiharu Abe (Viola d'amore.
PZ-Foto: Ketterl

PFORZHEIM.Allenfalls Masochisten mochten es wohl als Lust empfinden, im 18. Jahrhundert eine längere Reise zu unternehmen. Denn komfortabel waren sie wahrlich nicht, die zumeist ungefederten Kutschen mit den ungepolsterten Bänken, auf denen die Reisenden ein mittleres Martyrium erlebten.
So ist einer Briefschilderung Mozarts zu entnehmen, wie sehr sein Hintern malträtiert worden war bei
einer solchen Kutschfahrt. Von seiner eh kurzen Lebenszeit hat der „Zauberflöten“-Komponist insgesamt 10 Jahre, zwei Monate und acht Tage auf Reisen verbracht. Dies und etliche Anmerkungen über die damalige Reisemühsal mehr hatte Claus Kuge, Obermeister der Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforzheim, in einen kleinen Einführungsvortrag gepackt, der einer von der Singergesellschaft veranstalteten musikalisch-literarischen Matinee im PZ-Forum vorangestellt war.

Ganz im Gegensatz zu den tatsächlichen Gegebenheiten im 18. Jahrhundert, lautete der Titel der Matinee: „Von der Lust zu reisen.“ Die Autorin, Musikwissenschaftlerin und Flötistin Ines Müller-Busch hatte Reisebeschreibungen ausgewählt vom ersten Kritiker der europäischen Musikszene, Charles Burney
(1728 bis 1814), von Goethe aus dessen „Italienischer Reise“ und aus etlichen Mozart-Briefen. Mit leicht verhangenem Stimmklang und getragenem Märchenton gab Müller-Busch den Texten unaufgeregte An- und Beschaulichkeit. Von verschlammten Straßen, Überfällen und den ganzen, damals üblichen Molesten solcher Reisen kündeten die ausgewählten Beschreibungen kaum, mehr hingegen von stimmungsvollen Landschaftseindrücken, interessanten Menschen und musikalischen Genüssen. Tief beeindruckt waren sowohl Burney und Goethe als auch Mozart in Rom von einer Wiedergabe des „undenkbar schönen“ (Goethe) „Miserere mei“, das Gregorio Allegri (1582 bis 1652) komponierte und das heutzutage auf
CD greifbar ist.

Für den musikalischen Part der Matinee im PZ-Forum hatte sich Müller-Busch einer Partnerin versichert, die ein im allgemeinen Musikbetrieb recht ungewöhnliches Instrument spielt – eine Viola d’amore. Dabei handelt es sich um ein Streichinstrument mit 14 Saiten; sieben davon werden gespielt, die sieben anderen, hinterzügig geführten Saiten klingen mit und geben damit dem Ton eine weiche, anmutige Färbung. Chiharu Abe, die ein Originalinstrument aus dem 18 Jahrhundert spielt, richtet ihre dezente, vibratolose Spielweise an der historisch orientierten Aufführungspraxis aus, die Virtuosität weitgehend meidet. In fein abgestimmter Korrespondenz präsentierten Ines Müller-Busch und Chiharu Abe ein Programm großteils in Vergessenheit geratener Komponisten der Mozart-Zeit. Zum Einstieg eine lieblich und galant gespielte Sonate von C. Ph.E. Bach für Flöte und Violine. Ganz im Stil der Zeit angelegt sind die melodisch ansprechenden Werke für Viola d’amore und Flöte des völlig unbekannten Heinrich Ludwig Vetter
(gest. 1819). Etwas puristisch in den zurückgenommenen Affekten anmuten wollte die zierlich angelegte Sonate des „badischen Mozart“, Joseph Martin Kraus. Sehr freundlicher Beifall für eine insgesamt gelungene Matinee.

Erstellt am: 13.03.2006 von Sebastian Giebenrath

Mit freundlicher Genehmigung der Pforzheimer Zeitung



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