Lebenslauf:
										
										Als gebürtiger Mannheimer hatte ich von Kindheit an eine Reihe schöner Erlebnisse, aber auch
										genug traurige Anlässe, die mich mit Pforzheim verbanden.
										
										Die wohl erste Begegnung fand 1933 im Sandkasten des Benckiserparkes statt. Ich weiß nicht,
										welcher Teufel mich geritten hat: jedenfalls versuchte ich, meine Spielkameraden mit dem in
										Mannheim damals gängigen Ruf "Heil Moskau" zu beeindrucken. Es gelang mir nicht. Im Gegenteil:
										Sie beschimpften mich mit einem mir unverständlichen Wort, das verzerrt im Kurzzeitgedächtnis
										hängen blieb. Jedenfalls bog sich am anderen Morgen mein Onkel, in dessen Zimmer ich schlief,
										vor Lachen, als er hörte, wie ich zwar langsam, aber unaufhörlich die Worte "du Seegel, du Seegel"
										wie im Refrain wiederholte. Als Pforzheimer kannte er natürlich das "hehre" Wort vom Goldstädter
										Säckel, sowie den gemeinen Ausdruck eines Halbsäckels. Erst viele Jahre später wurde mir klar,
										wann die Pforzheimer ihre Mitmenschen mit Säckel oder Halbsäckel bezeichnen und wie sie sich
										höchst gekränkt fühlen, wenn sie mit diesem Unwort gereizt werden.
										
										Bis 1939 besuchte ich fast jährlich meine zahlreichen Verwandten in Pforzheim. Sie zeigten mir
										ihre an der Enz, Nagold und Würm gelegene, schöne Stadt, u. a. das Gymnasium, das den
										merkwürdigen Namen Reuchlin trug, ferner die Stadtkirche, in der meine Eltern getraut wurden
										und das Grab der Großeltern mütterlicherseits auf dem Hauptfriedhof . Ich war begeistert vom Wochenmarkt, von den feinen Heidelbeeren aus Unterreichenbach, dem herrlichen Honig vom
										Grösseltal sowie den Schmuckläden und dem Minigolfplatz in Wildbad.
										
										Meine Schwester, die das Ende des Krieges in Ispringen erlebte, wo mein Großvater zeitweise
										Lehrer war und meine Mutter aufwuchs, berichtete uns, wie entsetzlich Pforzheim nach der
										Bombardierung vom 23.2.45 aussah, weil die Kernstadt so ähnlich wie in Mannheim total zerstört
										war. Erst später erfuhr ich, dass in jener Nacht 18000 Pforzheimer verstorben waren.
										Glücklicherweise überlebten die meisten meiner Verwandten die Pforzheimer Katastrophe und die Nachkriegszeit.
										
										In den Jahren 1950-1970 kam ich öfters nach Pforzheim, das allmählich, aber m.E. etwas stillos
										wieder aufgebaut wurde. Meine unbeschwerte Pforzheimer Zeit schien vorüber.
										Nichts als Trümmer, Elend und Gräber. Die Verwandten starben in Krankenhäusern oder
										Altersheimen. Einzig die Bartningkirche war ein kleiner Lichtblick.
										
										In Bezug auf Pforzheim folgten neutrale Jahre, da ich als Arzt (zuletzt in Baden-Baden)
										residenzpflichtig war und meinen Ruhestand quasi als geschenkte Zeit erst ab 1996 in
										Pforzheim-Würm verbringen konnte. Nun entdeckten wir die Schönheiten der Natur zwischen Schwarzwald, Hagenschieß und Schönbuch, ferner die reizvollen Städte in der näheren Umgebung, nämlich Calw, Weil der Stadt und Nagold, sowie die einzigartigen Klöster von Maulbronn und Hirsau.
										
										Was mich in Pforzheim besonders überraschte, war ein Angebot an Kirchenmusik auf höchstem Niveau. Speziell der Pforzheimer Ehrenbürger Prof. Rolf Schweizer weckte neben der Kirchenmusik mein Interesse, das kirchliche Leben in Pforzheim und die evangelischen Kirchen (Schloßkirche, Altstädter Kirche, Stadtkirche, Christuskirche, Matthaeuskirche) näher kennenzulernen.
										
										So hatte ich eines Tages die Idee, in einem Film Pforzheim und seine Umgebung mit Hilfe der erlebten Kirchenmusik darzustellen. Bald merkte ich jedoch, dass der geschichtliche Hintergrund dieser Stadt
										ich nenne nur die Namen Reuchlin, Melanchthon und die Begriffe Humanismus, Reformation,
										Lateinschule, Musik der Reformation und des Barock, markgräfliche Residenz im Film nur andeutungsweise wiedergegeben werden können.
										
										Aus diesem Grund bat ich befreundete Experten, kompetente Theologen und sehr angenehme Gesprächspartner in einzelnen Beiträgen und Interviews zusammen mit mir das gewählte Thema der Broschüre "Pforzheim eine Pforte zur Reformation" durch sachdienliche Informationen und lebendige, kenntnisreiche Eindrücke zu vertiefen.
										
										
										
										Darin soll deutlich werden, wie der berühmte Pforzheimer Humanist, Jurist und Philologe Johannes Reuchlin, an dessen 550jährigen Geburtstag wir in diesem Jahr (2005) zu Recht erinnern, und sein Brettener Großneffe Philipp Melanchthon, der die Lateinschule in Pforzheim besuchte, durch ihre sprachlichen Begabungen die Übersetzungen der Bibel aus dem Hebräischen und Griechischen schließlich ins Deutsche durch Luther ermöglichten.
										
										
Prof. Dr. Schönthal ist Autor verschiedener medizinischer Bücher, darunter:
											"Praxis der Differentialdiagnose innere Erkrankungen" (2001)
											"Liebe Laura - lieber Julian. Arztbriefe an meine Enkel" (2004)
											"In kollegialen Gesprächen - quer durch die Medizin" (2004
											
										
										Kontakt:
										Prof. Dr. Hermann Schönthal
											Hölderlinstraße 26
											75181 Pforzheim
											Telefon +49(0)7231-79500