Der 8. Juli 1804
Der sechste Sonntag nach Trinitatis, der Kilianstag, war ein Sommersonntag wie aus dem Bilderbuch. Nach dem Gottesdienst, spätestens nach dem Mittagessen, strömten die Pforzheimer hinaus vor die Tore der Stadt in die Kühle der Wälder und die Frische der Flusstäler. In großer Zahl machten sie sich auch auf den Weg durch das Enztal nach Niefern. Man freute sich nicht nur am schönen Wetter, sondern war auch froh, dass friedliche Zeiten ins Land gezogen waren, nachdem der leidige Krieg gegen die französischen Revolutionsheere geendet hatte und der badische Markgraf wie der württembergische Herzog zu Bundesgenossen des Franzosenkaisers geworden waren. Carl Friedrich von Baden und Friedrich von Württemberg durften sich nun „Churfürsten“ nennen, und sie waren es von Gottes und von Napoleons Gnaden.
Fröhlicher Lärm erscholl zwischen Au und Altstadt beim Holzgarten. Hier versammelte sich das bürgerliche Jägercorps zu einer Floßfahrt auf der Enz. Die jungen Leute zwischen 20 und 35 Jahren hatten sich auf eigene Kosten mit Uniformen und Waffen versehen. Unter der Führung zweier Offiziere übten sie am Wochenende das Schießen und Marschieren, um bereit zu sein, notfalls ihre Stadt, ihr Land und ihren Fürsten zu verteidigen, in der Hauptsache aber, um bei entsprechenden Gelegenheiten zu repräsentieren. Heute nun wollten sie den Tag genießen und ihn auf besondere Weise mit ihren Angehörigen und Freunden feiern. Dazu hatten sie ein Floß gemietet, das junge Flößerburschen aus der Au an der Altstädter Kirche vorbei über Eutingen bis zum Stauwehr in Niefern steuerten. Mehr als 100 Personen bevölkerten die Gestöre des Floßes, aus einem Fässchen wurde Wein ausgeschenkt, die kleine Musikkapelle des Jägercorps spielte, man lachte und scherzte, und die Jäger schossen von Zeit zu Zeit mit Platzpatronen in die Luft.
In Niefern stieg die Gesellschaft an Land. Noch einmal schossen die Jäger eine Salve, um ihrer Gewehre zu entladen, dann wurden diese an einem besonderen Platz zusammen gelegt und von einem Mann bewacht. Jetzt begab man sich in das Gasthaus zum „Lamm“, wo sich bereits andere Gäste eingefunden hatten, die zu Fuß, zu Pferd oder in der Kutsche von Pforzheim gekommen waren. Der Lammwirt Lorenz Stieß hatte vor kurzem neben dem alten Wirtshaus einen Neubau erstellen lassen. Die älteren Herrschaften versammelten sich in der unteren Gaststube und labten sich an Speis und Trank. Die jungen Jäger und Flößer vergnügten sich mit ihren Ehefrauen, Schwestern und Freundinnen beim Tanz im oberen Stockwerk. Die Nieferner Bauernburschen und Bauernmädchen blieben draußen als Zuschauer, sofern sie nicht die Gäste im „Lamm“ bedienen durften.
Gegen 7 Uhr abends begannen die Pforzheimer aufzubrechen, die Pferde wurden gesattelt, die Kutschen fuhren vor. Die Soldaten des Jägercorps stellten sich in Reih und Glied, nahmen die Gewehre auf und marschierten über die Enzbrücke der Landstraße zu, um über Eutingen den Heimweg anzutreten. Zahlreiche Einheimische, jung und alt, hatten sich auf der Mühlbrücke vor dem „Lamm“ eingefunden, um den Auszug der Städter zu beobachten, zu kommentieren und manche spöttische Bemerkung zu machen. Das Jägercorps war schon über die Enzbrücke gezogen, als noch ein verspäteter, offenbar stark betrunkener Jäger seinen Kameraden nach stolperte. Die Büchse hielt er mit beiden Händen quer vor die Brust. Als er die Brücke passierte, fingen einige Mädchen an zu lachen; er hielt an, hob das Gewehr und zielte auf sie. Ein paar Männer griffen nun ein, nahmen dem Jäger das Gewehr weg und bedrohten ihn, so dass er um Hilfe schrie.
Dies war der Anfang einer gewaltigen, blutigen Schlägerei zwischen den nun zurückeilenden Jägern, den Flößern und zahlreichen Dorfbewohnern, die unter der Überschrift „Blutige Schlaghändel“ in die Gerichtsakten einging, jahrelang die Juristen beschäftigte, einige Männer ins Zuchthaus brachte und einigen anderen die Gesundheit kostete, und welche die Gemüter der Leute in weitem Umkreis erregte.
Meldung des Stadtwachtmeisters Weidenmann vom 8. Juli an das Oberamt
In der Nacht gegen 11 Uhr erhielt der Oberamtsverweser Roth in Pforzheim durch den Stadtwachtmeister Weidenmann die Meldung, dass in dem Ort Niefern zwischen den dortigen Bürgern und dem bürgerlichen Jägercorps von Pforzheim, welches am Nachmittag auf einem Floß dahin gefahren, um sich ein Vergnügen zu machen, blutige Händel vorgefallen seien, dass zu mehreren Malen Sturm sei gelitten worden, dass eine Menge von Menschen sowohl durch Hiebe und Prügel, als auch besonders durch Schüsse sei verwundet worden, also zwar, dass man an dem Aufkommen von mehreren zweifle, und dass das Ganze überhaupt eine Art von einer kleinen Bataille vorgestellt habe.
Bericht des Oberamtsverwesers Roth vom 9. Juli nach Karlsruhe
Am verflossenen Sonntag Nachmittag fuhr das hiesige bürgerliche Jägercorps in militärischem Aufzug mit Ober- und Untergewehr ohne unser Wissen und Willen, indem uns davon keine Anzeige gemacht wurde - mit einem Floß nach dem 1 und ½ Stund von hier entfernten Amtsort Niefern. In der Nacht gegen 11 Uhr kam das Gerücht hierher, dass zwischen dem Jägercorps und den Bürgern in Niefern blutige Händel vorgefallen seien, und dass sich unter den Verwundeten einige befinden, die gefährlich darnieder liegen, dass aber, was den Tumult anbelangt, dieser bereits wieder gestillt sei. Diesem nach schien unser augenblickliches Erscheinen nicht notwendig, zumal uns auch die Vorgesetzten noch keine Anzeige gemacht hatten, und wir konnten uns vor der Hand um so eher noch beruhigen, als Dr. Roller und Landchirurgus Schmidt sich gleich dorthin begeben hatten, von welchen wir weiteren Bericht erwarteten. In der Frühe stattete Landchirurgus Schmidt Rapport ab, nach welchem einige der Verwundeten darnieder lagen, worauf wir uns auf der Stelle nach Niefern verfügten, und die Untersuchung desfalls anfingen. Wir trafen neun zum Teil durch Schrotschüsse, zum Teil durch Säbelhiebe und Prügel stark verwundete Personen an, und unter diesen befindet sich ein Bürger von Niefern, welcher mehrere Schrote in die Brust erhielt, und der diesen Abend, als wir abgingen, noch nicht außer Lebensgefahr gesetzt war. Auf eine Menge von Menschen, die bei diesem Scharmützel nur leicht verwundet wurden, konnten wir vor der Hand nicht einmal Rücksicht nehmen. Mit uns war das Physicat den ganzen Nachmittag anwesend, und es wurden alle möglichen Anstalten für die Pflege der Verwundeten getroffen. Über den wahren Ursprung der entstandenen Händel haben wir noch nicht ins Reine kommen können. Die Untersuchung werden wir unaufgehalten fortsetzen, und haben hiermit nur vor der Hand die gehorsamste Anzeige von diesem Vorfall machen wollen, weil derselbe von wichtigen Folgen sein kann.
Pforzheim, den 9. Juli 1804 Roth
Bericht des Orts-Chirurgen Winkler von Niefern
Auf den Hilferuf des Nieferner Schultheißen an das Churfürstliche Physicat [dies entspricht heute etwa dem staatlichen Gesundheitsamt] waren noch in der Nacht der Amtsarzt Dr. Roller und der Amts-Chirurg Schmidt nach Niefern gefahren, um zusammen mit dem Orts-Chirurgen Winkler die nötigen Hilfsvorkehrungen zu treffen. Am Morgen des 9. Juli fasste Winkler „die Lage auf dem Schlachtfeld“ wie folgt zusammen:
Am gefährlichsten verwundet sei der Bürger Christian Huttenloch. Er habe 8 oder 9 Schrotkugeln in die Brust erhalten und liege so darnieder, dass man vor der Hand den Ausgang nicht sagen könne. Er sei die ganze Nacht vom Verstand gewesen [bewusstlos gewesen], nun vernehme er wieder, was man mit ihm rede, aber sprechen könne er nicht.
Am gefährlichsten nach ihm liege Wilhelm Webers Ehefrau darnieder. Sie sei an einem Auge durch Schrot verwundet worden, habe die ganze Nacht im Delirium gelegen, aber nun habe sie sich wieder etwas erholt.
Der Bürger Johannes Dürrsperger habe ebenfalls eine Schusswunde am Augenlid, und Dürrspergers Mutter, eine Frau in den Vierzigern, habe Schrote auf die Stirn und auf die Brust erhalten. Beide seien nicht gefährlich verletzt, aber bei Schusswunden könne man nie wissen, wie die Sache ausginge.
Der Zimmermann Wilhelm Mezger sei gehauen und gestoßen worden, auf den Rücken, ins Gesicht und überall herum, ebenso sei der Bürgermeister Jakob Goßweiler stark geprügelt worden und habe eine Wunde an der Hand erhalten.
Sodann seien noch mehrere Männer durch Schrotkugeln, jedoch nicht bedeutend, verletzt worden, unter ihnen Jung Jakob Goßweiler, der Beck Jung Jakob Wallinger, der Beck Jakob Gräßle und der Knecht von der oberen Mühle. Zu diesen sei er aber nicht gerufen worden.
Von den Pforzheimern seien folgende verwundet hier liegen geblieben:
Der Fabrikant Zeh, ein Mann zwischen den Fünfzigern, habe Schusswunden am Kopf und ein Auge sei so verschwollen, dass er es nicht öffnen könne. Er sei die ganze Nacht ohne Bewusstsein gelegen, ob dies aber von den Verwundungen her gekommen, oder weil er zu sehr berauscht gewesen, das wisse man nicht. [„Fabrikant“ bedeutet hier nicht Fabrikbesitzer, sondern Fabrikarbeiter.]
Der ledige Flößersohn Christoph Mürrle habe starke Kopfwunden vom Prügeln, das habe anfangs sehr gefährlich geschienen, aber man könne über seine Lage nichts Bestimmtes sagen.
Einer von den Jägern, Carl Beckh, habe eine leichte Kopfwunde. Er befinde sich auf dem Rathaus, wohin ihn die Ortsvorgesetzten hätten bringen lassen.
Ungefähr fünf Flößer, die mehr oder weniger verwundet wurden, seien noch in der Nacht nach Pforzheim transportiert worden.
Der Chirurg Winkler wurde von den Herren Ärzten aus Pforzheim angewiesen, die Verwundeten regelmäßig zu besuchen, besonders diejenigen, die am gefährlichsten darnieder lagen, und augenblicklich dem Churfürstlichen Physicat zu melden, wenn sich ihr Zustand verschlechtern sollte. Da man bemerkt hatte, dass die Verwundeten von ihren Verwandten umlagert wurden, bekam er die weitere Weisung, diesen Leuten klar zu machen, dass zu vieles Reden schädlich und gefährlich sein könne.
[„Chirurg“ nannte sich der Wundarzt im Dorf, der zugleich Barbier war, den Leuten den Bart scherte, Zähne zog, Blutegel ansetzte, kleine Wunden verband und der Hebamme in schwierigen Fällen zur Seite stand.]
Erste Vernehmungen in Niefern am 9. Juli und an den folgenden Tagen
Der Oberamtsassessor Carl von Beust und der Oberamtssekretär Christoph Wernlein erhielten den Auftrag , die Angelegenheit zu untersuchen und alle Beteiligten, ob Täter oder Zeuge, zu vernehmen. Sie machten den Anfang mit den Nieferner Ortsvorgesetzten, dem Schultheißen Wilhelm Hofsäß und seinem Stellvertreter, den Anwalt Jakob Huber.
Schultheiß Hofsäß erklärte: Kurz nach 7 Uhr abends sei der Bürger Wilhelm Metzger, welcher schon verwundet gewesen, zu ihm gelaufen gekommen und habe ihn aufgefordert, er solle sogleich alle Sturmglocken läuten lassen. Auf der Brücke würden die Jäger schießen und auf die Bürger einhauen, es sei ein allgemeines Massaker, den Bürgermeister hätten sie auch schon zusammengeschlagen und man wisse nicht, ob er tot oder lebendig sei. Darauf sei er, der Schultheiß, sofort auf den Kampfplatz geeilt. Er habe gesehen, wie die Jäger mit bloßen Säbeln herumgelaufen seien und geschossen hätten. Sie seien alle betrunken gewesen und seien auf jeden los gegangen, ob er sich nun ruhig verhalten hätte oder nicht. Vor allem die Flößerburschen hätten wütend darauf los geprügelt, besonders einer namens Aab sei so rasend gewesen, dass er mit allem, was ihm in die Hände kam, gehauen und geworfen hätte. Drei oder vier Jäger oder Flößer hätten den Michel Bauer bis in sein Haus hinein verfolgt, und der sei einer der friedfertigsten Männer im Dorf.
Er habe nun seinen Leuten Frieden geboten, und sie hätten ihm auch gefolgt und sich zurückgezogen. Dann habe er sich an die Offiziere gewandt, die Herren Mahler und Geiger, und habe sie gebeten, ihren Leuten Einhalt zu gebieten. Doch diese ihm hätten geantwortet, er solle zuerst seinen Bauern Ruhe befehlen. Die Offiziere hätten wohl versucht, den Streit zu schlichten, allein, das hätte bei all dem Lärmen nichts genützt, sie seien selbst in Gefahr geraten und hätten sich zurückgezogen.
Die Beamten wollen vor allem wissen, wie der Schultheiß dazu gekommen sei, Sturm läuten zu lassen, was man nur im äußersten Notfall tue, und was er sich dabei gedacht und damit bezweckt habe. Dazu erläuterte Schultheiß Hofsäß: Zunächst habe er mit gütlichen Mitteln versucht, die Leute zu beruhigen und zu bewegen, die Prügel wegzuwerfen. Da aber aller Zuspruch nichts geholfen habe, bereits Schüsse gefallen seien, da Huttenloch und Dürrsperger schon am Boden gelegen seien, so habe er sich nicht mehr zu raten und zu helfen gewusst. Überall habe er Lebensgefahr gesehen und deswegen Sturm läuten lassen in der Hoffnung, dass die übrigen herbeieilenden Bürger die Ordnung wieder herstellen würden.
Darauf wurde ihm vorgehalten, er hätte sich doch denken können, dass bei der Erbitterung der Gemüter und da schon mehrere Bürger beträchtlich verwundet gewesen, die herbeieilenden Bürger nicht in Güte abwehren, sondern sich vielmehr mit gleicher Erbitterung in die Händel mengen würden, um ihren Mitbürgern zu helfen. Schultheiß Hofsäß erwiderte: Keiner seiner Bürger habe angegriffen, aber ein jeder sei seines Lebens nicht mehr sicher gewesen. Viele hätten wegen dem Lärm das Läuten gar nicht gehört, viele seien auch zurückgelaufen, als sie das Spektakel sahen. Mit dem Sturmläuten habe er den Zweck verfolgt, den Jägern und Flößern Schrecken einzujagen, die Franzosen seien im letzten Krieg auch davon gesprungen, als man im Ort Sturm geläutet.
[Schultheiß Hofsäß spielt auf folgende Geschichte an, die sich am 22. Juli 1796 hier ereignete: Französische Soldaten der Revolutionsarmee drangen in das Dorf ein und plünderten. Als sie dem Bürger Georg Gräßle einen Suttenkrug wegnehmen wollten und der sich wehrte, erhielt er einen Stich ins Herz, der zu seinem sofortigen Tod führte. Im allgemeinen Tumult ließ der Schultheiß das war damals schon Wilhelm Hofsäß die Sturmglocken läuten. Darauf hin verließ die Soldateska fluchtartig den Ort. Ein Suttenkrug ist ein enghalsiger irdener Krug, aus dem der Wein oder Most mit einem gurgelnden Geräusch herausfließt; vor allem die Weingärtner benutzten solche Krüge. „Suttenkrug-Furzer“ war ein gängiges Schimpfwort für die Wingerter.]
Nun wurde der Musquetier Martin Kärcher vernommen. Er war 19 Jahre alt und diente in Karlsruhe bei einem Churfürstlichen Regiment. An diesem Sonntag war er auf Urlaub in seinem Dorf gewesen. Man wies ihn ausdrücklich darauf hin, er solle bei seiner Aussage stets bedenken, dass er sie erforderlichenfalls durch einen bürgerlichen Eid bestätigen müsse. Darauf gab der junge Mann folgendes zu Protokoll:
Am Abend, als die Jäger aus dem Wirtshaus heraus gekommen, sei er gerade in das Dorf hinein gegangen. Da habe ein Jäger gegen die Mädchen, die auf der Mühlbrücke saßen, unschöne Reden geführt. Und eben dieser Jäger habe auf einmal den Hahn gespannt und die Büchse an die Backe gelegt und auf die Mädchen gezielt. Als diese anfingen zu schreien, habe der Wilhelm Mezger zu dem Jäger gesagt, das sei doch keine Soldatenmanier, er solle den Hahn des Gewehres in Ruhe stellen, er selbst sei auch Soldat gewesen. Doch der Jäger habe die Büchse abermals gehoben und nun auf den Bürger gezielt, dieser habe ihm die Waffe aus der Hand gerissen und den Hahn zur Ruhe gestellt, sodann ihm das Gewehr zurück gegeben. Nun aber habe der Jäger das Gewehr umgedreht und mit dem Kolben nach dem Bürger schlagen wollen. Dieser aber, ein starker Mann, habe es mit der Hand aufgefangen.
Auf einmal sei ein anderer Jäger von großer Gestalt mit bloßem Seitengewehr auf ihn, den Martin Kärcher, los gegangen und habe nach ihm gehauen. Er habe den Hieb abgewehrt, den Jäger an der Brust gefasst und zu ihm gesagt, er solle sein Seitengewehr einstecken, bei seinem Regiment sei es bei Strafe verboten, das Seitengewehr zu ziehen und das gelte wohl auch bei den Jägern. Er habe noch weiter mit diesem Jäger diskutiert und ihn beruhigt, so dass er schließlich sein Seitengewehr eingesteckt habe und weg gegangen sei.
Inzwischen aber seien die anderen Jäger über die Brücke zurück gekommen und hätten Händel mit den Niefernern angefangen. Der Stadtsoldat Huber habe ihn an der Brust gefasst und gesagt, er sei kein Soldat, sondern ein Bauernbub. Zugleich hätten ihn mehr als 10 Jäger umringt, auch Flößer seien herbei gelaufen, sie hätten keinen Respekt vor seiner Montur [Uniform] gehabt und ihn als Lausbuben und Spitzbuben beschimpft. Zwei von den Flößern hätten ihn an den Haaren gepackt, um ihn ins Wasser zu schmeißen, er habe sich aber losgerissen und sei über die Wiesen davon gesprungen. Die Jäger hätten ihn eine Strecke weit verfolgt, einer habe die Büchse angelegt und gerufen: „Halt, Bauernbub, oder ich schieße!“ Auch den jungen Martin Gräßle hätten sie verfolgt und geschlagen. Sein Hut sei ihm im Tumult vom Kopf geschlagen worden, das Seitengewehr habe ihm der Stadtsoldat weggenommen.
Als die Jäger von der Verfolgung abgelassen, sei er nach Hause gegangen. Sein Vater habe ihn dann begleitet, um den Hut und das Seitengewehr zu suchen. Dabei seien sie wiederum in das Spektakel geraten und er habe neue Streiche empfangen. Insgesamt habe er 15 Säbelhiebe auf den Kopf bekommen, zum Glück mit der flachen Seite, indes sei sein Kopf so voller Schwielen, dass er ihn nicht anrühren dürfe. Mehr wisse er nicht anzugeben.
Man fragte den Kärcher, ob er den Jäger, der auf die Mädchen gezielt, wieder erkennen würde. Antwort: Das könne er gar wohl, es sei ein kleiner Bursche mit dickem Gesicht und einem Backenbart gewesen. Man fragte ihn weiter, ob er wisse, wohin die Büchse gekommen sei, welche die Bürger dem Jäger aus der Hand gerissen. Antwort: Heute Vormittag habe er diese Büchse bei Wilhelm Mezger gesehen. Der habe einen Ladestock in den Lauf gesteckt und dabei herausgefunden, dass die Waffe geladen war.
Sofort ließ man die Büchse herbei schaffen, aber nun stellte sich heraus, dass es nicht die Büchse des Jägers war, der auf die Mädchen gezielt hatte, sondern dass sie dem Carl Beckh gehörte, den der Schultheiß auf dem Rathaus hatte festsetzen lassen. Der Mezger hatte sie ihm aus der Hand gerissen und ins Wasser geworfen, gleich darauf aber wieder heraus geholt und durch seine Tochter nach Hause bringen lassen.
Nun wurde der Carl Beckh vom Rathaus geholt. Er erkannte die Büchse als die seinige, untersuchte sie und fand im Schaft zwei Bleikugeln von der Art, mit welcher man nach der Scheibe zu schießen pflegt, behauptete aber, er habe gestern drei Kugeln im Schaft gehabt. Der Ladestock ließ sich nur zur Hälfte in den Lauf schieben, also musste noch eine Kugel darin stecken. Der Musquetier sollte das Gewehr auseinander schrauben, was ihm aber nicht gelang. Deshalb schickte man den Schultheißen und den Anwalt mit dem Gewehr zu einen Schmied, damit dieser die Kugel aus dem Lauf ziehe. Zunächst sollte der Jäger die beiden begleiten, aber weil er eine starke Kopfwunde hatte und weil es heftig regnete, verzichtete man auf sein Dabeisein.
Inzwischen war es 1 Uhr geworden, der Oberamtsassessor unterbrach die Vernehmung, und man begab sich zum Mittagessen. Gleich danach wurde die Untersuchung fortgesetzt. Der Schultheiß legte die Bleikugel vor, die der Schmied aus dem Lauf des Gewehres gezogen hatte. Als man den Carl Beckh mit dieser Tatsache konfrontierte, erklärte dieser, er wisse nicht, wie die Kugel in den Lauf gekommen sei, er habe sie nicht geladen, und er habe gestern noch drei Kugeln im Schaft gehabt. Ob er damit sagen wolle, jemand habe ihm aus Bosheit die Kugel in den Lauf geladen? Ja, das meine er. Im Tumult habe er Schläge mit einem Prügel erhalten, sei zu Boden gestürzt, und man habe ihm die Flinte weggenommen.
Der Nieferner Fleckenschütz Christian Schwarz kann berichten, wie der Carl Beckh um seine Büchse gekommen ist: Als die Sturmglocken läuteten, sei er dazu gekommen, wie Jäger und Flößer den Michel Bauer vor dessen Haus geschlagen hätten. Er habe gerufen, sie sollten doch aufhören, bevor es größeres Unglück gäbe. Da habe der Beckh die Büchse auf ihn angelegt, der Mezger sei dazwischen gesprungen, habe dem Jäger die Büchse aus der Hand gerissen und sie ins Wasser geworfen. Er wolle es auf seinen Eid nehmen, dass es so gewesen sei. Der Carl Beckh bleibt bei seiner Aussage und will es ebenfalls beschwören, dass er die Wahrheit sage.
Als nächster wird der Wilhelm Mezger vernommen. Der 38-jährige Zimmermann, der von Anfang an die Schlägerei mitgemacht und dabei einen viertel Zoll tiefen Stich und eine Quetschwunde erhalten hat, erzählt folgende Geschichte, die im Wesentlichen mit dem übereinstimmt, was Martin Kärcher zu Protokoll gegeben hat:
Nachdem die Jäger von hier abgezogen und der größte Teil von ihnen schon über die Brücke hinaus war, sei noch ein Jäger, ein junges Bürschchen wie er inzwischen erfahren habe, sei es der Bijoutier-Arbeiter Erhardt gewesen ihnen nachgeloffen. Als er über die Brücke des Mühlbachs gesprungen, hätten einige Mädchen, die dort saßen, angefangen zu lachen. Darauf habe der Jäger sogleich die Büchse mit gespanntem Hahn auf sie angelegt. Er sei dazwischen getreten und habe den gespannten Hahn wieder in Ruhe gestellt, ohne dem Jäger das Gewehr aus der Hand zu nehmen. Dieser habe angefangen zu schimpfen, ihn einen Lumpen-Bauern geheißen, während er sich gemäßigt und zu dem Burschen gesagt habe, er solle sein Gewehr auf den Buckel nehmen und nach Hause gehen. Auch der Musquetier Kärcher, der dabei gestanden, habe zur Ruhe gemahnt, allerdings vergeblich.
Inzwischen seien die anderen Jäger zurückgekommen, auch die Flößer hätten sich eingemischt, dem Musquetier hätten sie das Seitengewehr herausgerissen, und dann sei auf einmal das ganze Spektakel losgegangen. Nun sei er, der Mezger, zum Schultheiß gelaufen, und da bereits Schüsse gefallen seien, habe er zu ihm gesagt, man müsse Sturm läuten. Der Schultheiß habe zunächst gezögert, aber dann doch ihm befohlen, die Sturmglocken zu läuten.
Als er von der Kirche zurück gekommen, sei eine Partie Jäger und Flößer vor seinem Haus gestanden und hätten die Fenster mit Steinen bombardiert. Er habe ihnen zugerufen, sie sollten doch bedenken, dass seine zwei kleinen Kinder im Haus seien, deren Leben in Gefahr komme. Darauf habe ein Flößer ihn angepackt, er habe sich gewehrt, sie seien beide auf den Boden gefallen, und dann habe er Säbelhiebe auf den Kopf bekommen und sei so zugerichtet worden, wie man jetzt sehen könne. Als er sich aufgerafft und geflohen sei, hätten ihn die Flößer und Jäger noch eine Strecke verfolgt, dabei hätte er noch einen Hieb auf den Anken [Nacken] erhalten. Schließlich hätten die Verfolger umgekehrt. Aber kurze Zeit später sei noch ein anderer Flößer mit einem Säbel in der Hand auf ihn zu gekommen. Diesem habe er den Säbel abgenommen, damit er keinen weiteren Unfug damit anrichten könne.
Die nun folgenden Vernehmungen bestätigten im großen und ganzen das bisher zu Protokoll Gegebene, lediglich die eine oder andere Einzelheit fügte sich hinzu. Der Wagnergeselle Christian Lindenmann hatte gesehen, wie die Flößer über den Wilhelm Metzger her gefallen waren, einer von ihnen sei wie von Sinnen gewesen. Auch Heinrich Schwarz meinte, vor allem die Flößer hätten das meiste Unheil angerichtet. Wenn man geglaubt hätte, irgendwo Frieden gestiftet zu haben, dann hätten sie wieder von neuem angefangen. Er habe gehört, wie ein Offizier zu einem Flößer gesagt habe: „Herr Kienle, um Gottes Willen, seien Sie auch wie ein Mensch!“ Dieser habe darauf geantwortet: „Wenn ich fort soll, steche ich Sie tot!“
Die Vernehmung des Philipp Friedrich Bodamer aus Höfen bei Neuenbürg, 23 Jahre alt, Knecht in der Dorfmühle, ergab einen neuen Gesichtpunkt. Er sei dazugekommen, als drei Jäger oder Flößer auf den Johann Dürrsperger einschlugen, ob mit Prügeln oder Säbeln kann er nicht sagen, er habe ihm helfen wollen, aber dann seien sie über ihn hergefallen, hätten ihn geschlagen und seien auf ihm herumgetreten, er habe ein Loch im Kopf und sei so zugerichtet, dass er kaum eine Treppe steigen könne. Er habe sich nur durch die Flucht retten können. Später habe er von den Leuten gehört, dass der Knecht des Kannenwirts gesehen habe, wie jemand aus einer Gucke [Tüte] einem Jäger etwas gegeben habe, und das sei vermutlich Blei gewesen. Die Tochter des Johannes Ziegler, ein Mädchen von 16 Jahren, habe es auch gesehen. Letztere will von dieser Sache nichts gesehen und nichts gehört haben, aber Johann Friedrich Nonnenmacher, Knecht im Gasthaus zur „Kanne“, bestätigt es: Ja, als die Schlägerei schon mitten im Gange war und als auch geschossen wurde, habe ein Mann etwas aus einer Gucke einem Jäger in die Hand geschüttet. Die Gucke habe er aus seinem Büchsenranzen, den er angehabt, herausgeholt. Er meint, der Mann sei ein Pforzheimer Jäger gewesen, andere sagen, es sei der Jägerbursche des Försters Melter von Eutingen gewesen.
Am folgenden Tag begaben sich der Oberamtssekretär und der Oberamtsassessor in die Behausungen der Verwundeten, um auch sie zu befragen. Der Bürgermeister Jakob Goßweiler , 55 Jahre alt, war schon wieder wohlauf. Er kam gerade vom Besuch bei anderen Verwundeten. Er hatte eine Säbelwunde am Kopf und eine an der Hand. Er sei dazu gekommen, als die Händel schon im Gange waren. Unbewaffnet sei er unter die Streitenden hinein, um sie in Güte auseinander zu bringen. Plötzlich habe ihn ein Flößer an den Haaren zu Boden gezogen, und dann seien einige Jäger über ihn hergefallen und hätten auf ihn eingehauen. Er könne weder den Flößer, der ihn niedergerissen, noch die Jäger, die mit dem Säbel über ihn hergefallen, beschreiben, denn er sei gleich ohnmächtig geworden.
Johannes Dürrsperger, 24 Jahre alt, hatte eine Schrotkugel ins Gesicht und eine ins rechte Ohrläppchen erhalten. Er sei hinzu gelaufen, als die Händel schon angefangen hatten, und er habe die Schrotkugeln mit dem gleichen Schuss erhalten, der den Christan Huttenloch niederstreckte. Er sei ruhig an der Mauer gegenüber dem „Lamm“ gestanden, als drei Flößer und ein Jäger ihn zu Boden gerissen hätten. Der Jäger habe mit dem Gewehrkolben auf ihn eingeschlagen, die Flößer hätten ihn mit den Füßen getreten. Als er sich wieder aufgerafft, habe er den Schuss in den linken Augendeckel erhalten. Er sei nach dem Schuss in Ohnmacht gefallen, da sei seine Mutter gekommen, um ihn aufzuheben. In diesem Augenblick hätte sie zwei Schrotkugeln auf die Brust und eine Schrotkugel auf die Stirn erhalten. Er werde die Flößer und die Jäger erkennen, wenn man sie ihm gegenüberstelle. Der Bürger Martin Engelsberger war beim Sturmläuten herbei gelaufen und hatte sogleich eine Schrotkugel ins Gesicht über dem rechten Auge erhalten Er ging sofort nach Haus und kann nichts weiter angeben, da er vorher und nachher bei der Schlägerei nicht dabei gewesen ist.
Nun konnte man endlich auch mit dem Fabrikarbeiter Christoph Zeh sprechen. Er war ein hagerer Mann von 52 Jahren, verheiratet, arbeitete als Stahlgraveur in einer Pforzheimer Firma. Ihm war am übelsten mitgespielt worden, und man hatte angenommen, er sei tot, als ihn zwei Männer ins „Lamm“ trugen. Er wisse nicht, wie ihm geschehen sei. Er sei hierher gekommen, um dem Papierer hier ein Hauszeichen oder Brenneisen und dem Anwalt ein Petschaft zu bringen, welches er für ihn gestochen. [Mit dem Brenneisen brannte man Namen oder Zeichen in Werkzeuge und Geräte, mit dem Petschaft siegelte man Briefe und Urkunden. Papierer bedeutet Papierarbeiter.] Das Brenneisen habe er abgeliefert und 18 Batzen dafür erhalten. Einen Gulden habe er noch im Sack gehabt. Er könne freilich nicht in Abrede stellen, dass er den Wein gespürt habe, weil er ihn nicht gewohnt sei. Er sei ganz unschuldig in die Händel geraten, als er friedfertig seiner Wege und nach Haus hätte gehen wollen. In ganz Pforzheim würde man bezeugen, dass er kein händelsüchtiger Mann sei. Das Petschaft, für welches er einen Gulden hätte bekommen sollen, und die 18 Batzen, die er bei sich gehabt, hätte er verloren.
Den Lammwirt Lorenz Stieß verhörte man wegen des Tanzes der Jäger und Flößer am vergangenen Sonntag. Wie er dazu komme, gegen die ihm wohlbekannte Verordnung, dass ohne oberamtliche Erlaubnis, und an Sonntagen überhaupt nicht getanzt werden solle, trotzdem in seinem Wirthause habe tanzen lassen? Weil die Jäger ihre eigene Musik gehabt und schon mit Musik auf dem Floß angekommen seien, habe er gedacht, es werde nichts zu sagen haben, wenn die Leute ein wenig tanzten. Er habe zwar zu einigen Jägern gesagt, man dürfe am Sonntag nicht tanzen, aber diese hätten ihm darauf erwidert, sie seien schon öfters in andere Orte mit ihrer eigenen Musik gezogen. Übrigens sei nicht viel getanzt worden, da alles zu voll mit Leuten gewesen sei.
Inzwischen lagen dem Oberamt die Berichte zweier ehrenwerter Zeugen vor. Der Ratsverwandte [Ratsherr] Christoph Friedrich Krenkel aus Pforzheim und der Leibjäger Ludwig Habich aus Hessen-Darmstadt wollten damit ihrer staatsbürgerlichen Pflicht genügen.
Bericht des Ratsverwandten Christoph Friedrich Krenkel von Pforzheim
Durch Zufall kam ich den vergangenen Sonntag nach Niefern, nur um ein Augenzeuge der zwischen den dasigen Bauern und dem hiesigen Jägercorps vorgefallenen Schlägereien zu werden. Ich halte es für meine Schuldigkeit, dem Oberamt dasjenige, was ich gesehen habe, hiermit getreu und nur der Wahrheit gemäß anzuzeigen.
Nachdem den ganzen Nachmittag nicht ein einziger unangenehmer Vorfall, welcher das allgemeine Vergnügen gestört hätte, vorgegangen war, riefen die beiden Offiziere, Herr Mahler und Herr Adlerwirt Geiger, ihre Leute zusammen, um mit denselben nach Haus zu marschieren. Aller Mühe ohngeachtet konnten sie solche nicht zusammenbringen, und marschierten also mit denjenigen, welche zugegen waren, ab. Ich stand dazumal just vor der Türe des Wirtshauses und sah dieses alles mit an.:
Die Jäger hatten schon die große Brücke passiert, als der Metzger Lenz und der Bijoutier Erhardt, beide vom Jägercorps und letzterer sehr betrunken, noch aus dem Wirtshaus kamen und den ersteren nachfolgten. Auf der ersten Brücke gab es zwischen jenen Jägern und den Bauern Streit, ich sah, dass Metzger Lenz sich alle Mühe gab, den betrunkenen Erhardt mit Gewalt fortzuführen, welches ihm aber nicht recht gelingen wollte. Während dieser Zeit ging auch der Stadtsoldat Huber aus dem Wirtshaus, um der Jägercompagnie nachzufolgen; als dieser auf die nämliche Brücke kam, fing der Streit auch mit demselben an und ich bemerkte, dass eine Soldat vom Churfürstl. Militär besonders stark interessiert war. Ich ging nun wieder in das Wirtshaus zurück, weil ich die Sache als eine gemeine Schlägerei betrachtete, in welche ich mich nicht mischen wollte, stellte mich aber im Zimmer ans Fenster, wo auch der gegenwärtig anwesende Gärtner Weeber und ein Bauer, ich glaube es war der Waidgesell von Niefern, sich befanden. Während dem wurde der Lärm und der Streit immer stärker, es hatten sich schon viele Bauern versammelt, und von den schon auf dem Heimweg befindlichen Jägern kehrten wieder mehrere zurück. Um diese Zeit wurde, wenn ich mich nicht irre, die Sturmglocke angezogen, und nun hielt ich es für Menschenpflicht, hinunter zu eilen und ferneres Unglück nach Möglichkeit zu verhüten zu suchen. Kaum war ich über die Brücke am Wirtshaus, so kamen mir schon von der äußeren Brücke Bauern und Jäger durcheinander, erstere mit großen Prügeln, Steinen usw , letztere zum Teil mit bloßen Säbeln bewaffnet, entgegen. Ich riss einige Bauern, unter welchen, so viel ich mich erinnere, auch der Anwalt war, aus dem Gedränge, warf einige von den vordersten Jägern zurück und gab mir nun alle Mühe, vereint mit Herrn Geiger und Herrn Mahler, die Jäger von weiterem Vordringen abzuhalten. Dies gelang uns auch, nur in diesem Augenblick hatte noch kein Jäger die Brücke am Wirtshaus passiert. Hierauf wandte ich mich gegen die in größerer Anzahl herbei strömenden Bauern, um auch diese zu besänftigen, ich sah mich nach einem der Vorgesetzten um, konnte aber keinen finden, wandte mich also an einen alten Mann, welches, wie ich hörte, der alte Schulz gewesen sein soll; ich stellte demselben das zu befürchtende Unglück vor, bat ihn nur, die umstehenden Bauern um Gottes Willen zu beruhigen, und versicherte ihm, dass keiner von den Jägern einige Tätlichkeiten mehr begehen wolle, wofür ich für meinen Teil sorgen wollte.
Ich war in diesem Augenblick zwischen den Bauern und den Jägern fast ganz allein und hatte leider tauben Ohren gepredigt, denn statt einer Antwort regnete es einen Hagel von Steinen und Prügeln von Seiten der Bauern auf mich los, so dass ich mich nur mit augenscheinlicher Lebensgefahr in das Wirtshaus retirieren konnte, auf der Brücke erhielt ich mehrere Steinwürfe auf den Nacken und an den Kopf, einige Prügel an die Beine und einen an den Arm, der Hut wurde mir durchlöchert vom Kopf geworfen. Hätten damals die Bauern das Haus gestürmt, würden die Folgen dieses Tags noch trauriger geworden sein, als sie es nun sind.
Doch Gott sei Dank, so weit kam es nicht; die Bauern zogen sich wieder etwas zurück, nun hielte ich es wieder für meine Pflicht, mich hinaus zu wagen, um den wie tot an der Brücke liegenden Stahlarbeiter Zeh, welchen die Bauern ohne alle Hilfe ließen, ins Wirtshaus hereinbringen zu helfen. Indessen gelang es unserem Kutscher, die Chaise heraus und über die erste Brücke zu bringen, und wir waren im Begriff abzufahren, als das Lärmen von neuem anfing. Ich eilte zurück und sah auf der Brücke am Wirtshaus einen Flößer mit bloßem Säbel, gegen ihn aber einen Bauern, ebenfalls mit dem bloßen Säbel in der Hand. Ich riss den Flößer zurück, nahm ihm den Säbel und bat darauf den Bauern, auch den seinigen weg zu tun, welches er auch befolgte. Hier sah ich zum ersten Mal den Schulzen von Niefern, nachdem das Lärmen nun beinahe 2 Stunden gedauert hatte. Ich machte demselben Vorstellungen, dass er sich doch auch Mühe geben sollte, seine Leute zu Ruhe und Ordnung zu bringen, fand aber wenig Gehör und noch weniger Lust bei ihm, Hilfe zu schaffen. Während ich mit demselben sprach, wurde dem Bijoutier Beckh, auch ein Jäger, welcher seinen verlorenen Hut suchte, mit einem Stein, keine 10 Schritte von uns, an den Kopf geworfen, dass er gleich zusammenstürzte, wo denn 3 oder 4 Bauern mit großen Prügeln auf ihn einschlugen. Ich forderte den Schulzen auf, demselben Hilfe zu schaffen, worauf der Jäger denn befreit und halbtot in das Wirtshaus getragen wurde.
Nach diesem Vorfall ging ich zu unserer Chaise zurück und fuhr nach Haus. Schießen hörte ich während dem Lärmen etwa zweimal, gesehen habe ich solches aber nicht, wohl aber dass auch Jäger und Flößer mit Steinen gegen die Bauern geworfen haben. Dies kann ich aber mit gutem Gewissen beteuern, dass die Bauern wie Barbaren und Unmenschen zu Werke gegangen sind, und dass sich unter allen Einwohnern von Niefern (von Herrn Pfarrer oder Vicar ausgenommen, ich kannte ihn nicht) auch nicht ein einziger gezeigt hat, welcher hätte Frieden stiften oder abwehren wollen, und gewiss ist es, dass wenn die Vorgesetzten von Niefern nur einigermaßen ihre Pflicht hätten in Acht genommen und sich nur halb so viel Mühe hätten geben wollen, ihre Leute in Ruhe und in Ordnung zu bringen, als Herr Dennig, Herr Minius, Herr Geiger und Herr Mahler und ich uns bei den Pforzheimern gegeben, der ganze Streit weit eher geendigt worden und ohne so großes Unglück vorüber gegangen sein würde.
Mit schuldigem Respect verharre ich ganz ergebener Diener Chr. Fr. Krenkel.
Bericht des Leibjägers Ludwig Habich von Hessen-Darmstadt
Er heiße Ludwig Habich, sei 26 Jahre alt, ledigen Standes, ev.-luth. Religion, von Pirmasens gebürtig, und stehe als Leibjäger bei Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht, dem Herrn Erbprinzen von Hessen-Darmstadt, in Diensten.
Er sei gestern Nachmittag in Gesellschaft des Herrn Floßinspektors Böhringer in Niefern gewesen, woselbst sich das ganze bürgerliche Jägercorps befunden habe. Ohngefähr um 7 Uhr des Abends sei er mit Herrn Böhringer wieder zurück hierher geritten. Eine Strecke herwärts von Eutingen habe sie ein junger Mann, der zur Musik des hiesigen Jägercorps gehörte, den Herr Böhringer dem Namen nach angeben könne, eingeholt und ihnen vorgestellt, dass zwischen den Jägern und den Einwohnern zu Niefern seit ihrer Abreise von dort eine so bedeutende Schlägerei vorgefallen sei, dass sie die unglücklichsten Folgen nach sich ziehen, und dass man nicht wissen könne, ob nicht bereits eine oder mehrere Personen das Leben dabei verloren hätten. Herr Floßinspektor Böhringer habe ihn, den Leibjäger, aufgefordert, mit ihm wieder zurück nach Niefern zu reiten, weil er hoffe, durch Zuspruch und durch seinen Einfluss der Schlägerei ein Ende zu machen. Er habe sogleich in diesen Vorschlag eingewilligt und sei mit Herrn Böhringer zurück nach Niefern geritten. Bei ihrer Ankunft daselbst, welches ungefähr um ½ 9 Uhr gewesen sein könne, sei zwar die eigentliche Schlägerei schon beendet und das Jägercorps schon von dort entfernt, aber der Tumult unter den Bauern noch so stark gewesen, dass sie nicht über die Brücke hätten reiten können, sondern durch die bei Lammwirtshaus durchfließende Dorfbach sich hätten begeben müssen, um in dieses Haus zu kommen, indem die Bauern die Brücke mit Weibern und Kindern besetzt und die Passage unmöglich gemacht hätten. Bei ihrer Ankunft im Wirtshause zum Lamm hätten sie zuerst in der vorderen Stube einen jungen Flößer angetroffen, der im Anfang ohne volle Besinnungskraft auf der Bank an dem Fenster gelegen, bei eingetretener Erholung aber sehr darüber gejammert habe, dass er ein Aug verliere. Sie hätten ihn hierüber getröstet und sein Aug mit Salzwasser ausgewaschen, indem solches so verschwollen gewesen, dass man es nicht habe öffnen und den Augapfel sehen können; von diesem weg hätten sie sich in das andere Zimmer begeben, wo sie noch einen der Jäger angetroffen hätten, der von den Bauern in Niefern noch in Arrest behalten worden und so viel er gehört habe, der Bruder eines hiesigen Wirts sei. Dieser Mensch habe eine starke Wunde auf der Stirn gehabt, welche, soviel ihm derselbe gesagt habe, von einem Steinwurf herrühre. Auch diesem hätten sie seine Wunde mit Salzwasser ausgewaschen und mit seinem Schnupftuch verbunden. In dem Augenblick aber, als dieses geschehen, sei derselbe ohnmächtig umgesunken. In dem nämlichen Zimmer, in dem sich der junge Mann befunden, sei in der Ecke auf dem Tisch ein alter , schwärzlicher, hagerer Mann gelegen, der, so viel er gehört habe, der Stahlarbeiter Zeh von hier sei; dieser Mann sei ganz starr und mit Gichtern [Krämpfen] behaftet gewesen, und das Blut sei demselben in der Dicke von 3 Fingern aus dem Mund heraus geloffen. An diesem Mann hätten sie kein Zeichen des Lebens und des Verstandes wahrnehmen können, auch habe sich derselbe während ihrer Anwesenheit nicht erholt, so dass sie nicht ein Wort mit ihm hätten reden können, ungeachtet sie denselben mit wohlriechenden Wassern angestrichen hätten. Außer diesem sei noch ein Flößer von hier, welcher ein junger großer Mann sei, ganz sinnlos und betäubt in den Armen eines Bauern gelegen, auch diesen hätten sie mit wohlriechendem Wasser angestrichen, er sei aber so übel zugerichtet gewesen, dass er sich erst nach Verfluss einer Stunde habe erholen können. Während alles dieses vorgegangen sei, hätten sich die Bauern mit Weibern und Kindern unter fürchterlichem Lärmen vor dem Lammwirtshaus versammelt, und mehrere seien in dasselbe hineingedrungen; sie hätten aber keine Unarten verübt, sondern bloß ihm und Herrn Böhringer erzählt, dass mehrere Personen in Niefern bei den Händeln übel zugerichtet worden seien. Eine Frau sei in den Kopf, ein Mann durch die Brust, und wieder ein Mann durch die Nase geschossen worden. Ein anderer, der eine Beule auf dem Kopf gehabt, habe behauptet, dass ein Schrot darin stecke, und wieder ein anderer, an dem übrigens kein äußerliches Zeichen einer Verletzung wahrzunehmen gewesen, habe ein Schrot unter der Weste hervorgezogen und vorgegeben, dass er solches soeben aus einer auf der Brust erhaltenen Wunde herausgezogen habe. In dem Augenblick, als dieses geschehen, sei die Nachricht angekommen, dass der Mann von Niefern, welcher einen Schuss auf die Brust erhalten habe, soeben gestorben sei. Gleich darauf sei eine Menge Bauern, wovon mehrere mit Prügeln bewaffnet gewesen, unter fürchterlichem Toben und Lärmen in das Wirtshaus gedrungen und hätten über den noch allein da gewesenen Jäger herfallen wollen., um denselben, wie sie sagten, tot zu schlagen, weil er derjenige sei, der auf den der Sage nach soeben verschiedenen Bürger geschossen habe. Andere hätten zwar gesagt, dass dieses nicht der nämliche sei, indem dieser ja sein Gewehr noch besitze, demjenigem aber, der den Schuss getan habe, die Büchse abgenommen worden sei. Allein alles dieses habe nichts gefruchtet, und die Bauern hätten einen Versuch gemacht, auf den Jäger loszudringen. Er und Herr Böhringer hätten sich darauf veranlasst gesehen, diesen Menschen, der sich in größter Gefahr befunden habe, in Schutz zu nehmen und sich zwischen ihn und die Bauern zu stellen, allein aller gütliche Zuspruch und alle ernstlichen Ermahnungen hätten nichts gefruchtet, bis endlich Herr Böhringer ihm den Hirschfänger vom Leib gerissen und gedroht habe, denjenigen zusammen zu hauen, der sich unterstehen würde, den hiesigen Jäger anzugreifen. Dieses habe für den Augenblick den Erfolg gehabt, dass sie zurück gewichen seien, allein, sie seien mehrmals wieder gekommen, um auf den Jäger los zu gehen, immer unter Verwünschungen und unter der Äußerung, dass man ihn totschlagen müsse; und bloß allein ihre Gegenwart habe solches verhindert. Mittlerweile habe der noch anwesende Anwalt die Bauern zu beruhigen gesucht, sie hätten jedoch gar nicht auf ihn geachtet. Herr Böhringer hätte deshalb zum Schultheißen geschickt, allein, dieser habe sich nicht eingefunden, ungeachtet sie denselben mehrmalen dringend bitten lassen, den Unruhen zu steuern. Endlich hatten sie die Sache dadurch beizulegen gesucht, dass sie sich dazu verstanden hatten, für allen Schaden zu haften, der durch den besagten Jäger allenfalls bei den Händeln angerichtet worden sein sollte, wenn man ihnen erlauben würde, denselben ungehindert nach Haus zu bringen; und der Anwalt sei auch geneigt gewesen, dies zu bewilligen, ungeachtet einige Bauern geäußert hätten, dass sie ihn tot schlagen würden, wenn er sich vor den Ort hinaus begeben sollte. Allein, gleich darauf sei ein Befehl von dem Schultheißen durch einen Mann, den er für den Dorfwächter gehalten, überbracht worden, dass man den Jäger in Arrest behalten und auf das Rathaus bringen müsse, und nur die plötzliche Dazwischenkunft des Herrn Dr. Roller habe die Vollziehung dieses Befehls verhindert, welche um so bedenklicher gewesen wäre, da nicht nur der traurige Zustand des Jägers einen ruhigen Aufenthaltsort erforderte, sondern auch die Bauern gedroht hätten, denselben tot zu schlagen, sobald er sich auf der Straße sehen lassen würde. Als sich Herr Dr. Roller aus dem Wirtshaus begeben, um die anderen in dem Ort gelegenen gefährlich verwundeten Personen zu verbinden, hätten die Bauern wiederholt versucht, den Jäger auf das Rathaus zu schleppen, und nur mit vieler Mühe hätten sie es dahin gebracht, dass der Anwalt erlaubt habe, dass derselbe in dem Wirtshaus von 4 Nieferner Bauern bewacht werden dürfe. Nachdem sie einige Male schriftliche Garantie von dem Ortsvorstand darüber vergeblich verlangt hätten, dass dem gefangenen Jäger nichts zu leid geschehen sollte, und sie sich mit einer mündlichen Versicherung des Anwalts begnügen mussten, auch Herr Dr. Roller von den anderen Blessierten wieder zurückgekommen sei, hätten sie sich von Niefern weg begeben.
Dieses müsse er noch beifügen, dass sie um des kläglichen Zustands willen, in welchen sich die verschiedenen blessierten Personen im Wirtshaus befunden hätten, den Chirurgus des Orts verlangt, aber von den Bauern zur Antwort erhalten, dass sie denselben für ihre Leute brauchten und ihn für diese Pforzheimer Spitzbuben nicht abgeben könnten. Der Herr Floßinspektor Böhringer habe darauf einem Mann 2 Thaler gegeben mit dem Auftrag, einen Chirurgen außerhalb des Orts zu holen, allein auch dieser Versuch sei fruchtlos geblieben, und erst kurz vor Herrn Dr. Roller habe sich der Nieferner Chirurg eingefunden.
Erste Vernehmungen in Pforzheim am 11. Juli 1804
Die beiden Offiziere des Jägercorps, Herr Graveur Mahler und Herr Adlerwirt Geiger, hatten inzwischen beim Oberamt ein Schriftstück eingereicht, in dem sie den Hergang der Geschichte aus ihrer Sicht darstellten. Dazu wurden sie am Nachmittag des 11. Juli befragt. Die Beamten wollten zunächst wissen, wie sie dazu gekommen seien, mit dem bewaffneten Corps ohne oberamtliche Erlaubnis nach Niefern zu ziehen. Die Herren erklärten hierauf: Nun, da der Erfolg dieses Auszuges zu ihrem größten Leidwesen so nachteilig gewesen sei, sähen sie wohl ein, dass sie wohl daran getan hätten, wenn sie um Erlaubnis nachgesucht hätten. Allein, da sich das Corps bisher stets ordnungsgemäß betragen und nirgends Streit angefangen habe, hätten sie sich solche Auftritte nimmermehr vorstellen können. Sie seien in der Ordnung ausgezogen, und ebenso sei die ganze Compagnie von Niefern wieder in Reih und Glied abgezogen. Nur zwei von den Jägern seien betrunken im Lammwirtshaus zurückgeblieben, und sie, die Offiziere hätten den Oberjäger Lenz bei ihnen zurück gelassen, um alle Unordnung zu vermeiden und die beiden zur Compagnie zurück zu bringen. Als einer der beiden, der Ehrhard, mit den Niefernern auf der Brücke Streit angefangen, habe ihn der Oberjäger Lenz alsogleich entwaffnet, um den Bürgern Satisfaktion zu verschaffen. Damit seien diese aber nicht zufrieden gewesen. Mehr könnten sie zur Entstehung des Streites nicht sagen, da sie mit dem Corps schon fast an der Landstraße gewesen seien.
Weiter sollten die Offiziere erklären, ob das Corps mit ihrem Wissen mit Pulver und Blei versehen worden sei. Ihres Wissens hätten die Jäger kein Blei gehabt, sondern nur blinde Patronen [Platzpatronen], welche der Stadtsoldat Huber angefertigt habe und mit welchen sie auf dem Floß geschossen hätten. Sie hätten alles Mögliche versucht, um ihre Leute zurück zu halten, allein, da die Nieferner Bürger gleich angefangen hätten, mit Steinen und Prügeln zu werfen, und da zur gleichen Zeit das Gerücht gekommen sei, dass der Fabrikant Zeh bereits tot sei, hätten sie ihre Leute nicht mehr aufhalten können; die seien davon gelaufen und sie wären allein dagestanden. Nach einiger Überlegung hätten sie sich entschlossen, ungeachtet der drohenden Gefahr, noch einmal die Jäger zum Rückzug zu persuadieren [überreden]. Beide seien sie vorgesprungen, Herr Geiger habe bei den Nieferner Vorgesetzten und den Bürgern zu vermitteln gesucht, Herr Mahler habe sich mit gezogenem Säbel vor die Compagnie gestellt und gedroht, jeden niederzustechen, der weiter angreife. Inzwischen sei überall das Geschrei ertönt: „Schlagt sie alle tot!“, ein Steinregen wäre auf sie herabgefallen, die Sturmglocke habe angefangen zu läuten, und sie seien nicht mehr imstand gewesen, Ruhe und Ordnung herzustellen.
Am Nachmittag des 12. Juli wird der Jäger verhört, der das ganze Spektakel ausgelöst hat: Er heiße Carl Ehrhardt, sei 23 Jahre alt, Bürgersohn von Pforzheim, sein Vater sei hier Amtsbote hier gewesen, seine Mutter lebe noch. Er habe noch kein eigenes Vermögen, dieses habe die Mutter im Genuss. Er arbeite als Bijoutier in der Fabrik des Herrn Reinbold und verdiene wöchentlich 8 Gulden. Zum Ablauf des Geschehens gibt er an: Als das Jägercorps ausgerückt, sei er noch im „Lamm“ gewesen, dann aber sei er ihm nachgesprungen. Auf der Brücke hätten ihn die Bauern ausgelacht und beschimpft, worauf er sich gegen sie gestellt und gefragt habe, warum sie denn lachten. Ein Bauer habe ihn gleich an der Brust gepackt und ihm die Büchse abgenommen. Da sei der Oberjäger Lenz gekommen, habe seine Büchse und seinen Säbel an sich genommen und zu den Bauern gesagt, der Jäger sei jetzt Arrestant. Nun wären die Händel angegangen, er könne aber über deren Verlauf keine Auskunft geben. Er sei betrunken gewesen, das könne er nicht leugnen, und er sei im Schrecken statt nach Eutingen in der entgegengesetzten Richtung nach Enzberg gelaufen, aber nicht auf der Chaussee, sondern im Wiesental. Als er gemerkt habe, dass er am unrechten Ort sei, habe er umgekehrt in Richtung Pforzheim. Ein Enzberger Bauer habe ihn begleitet. Zwischen Enzberg und Niefern sei er von zwei oder drei Bauern zu Pferd angehalten worden, die ihn gefragt hätten, ob er auch einer von den Pforzheimer Jägern sei. Der Enzberger Bauer habe ihn in Schutz genommen und erwidert, er sei keiner von den Jägern, die in Niefern gewesen wären, er wäre bis jetzt in Enzberg gewesen, wo er einen Freund besucht hätte. Die Bauern seien nun weiter geritten, der Enzberger Bauer habe ihn bis nach Pforzheim begleitet.
Nun geht es vor allem um die Frage, ob der Ehrhardt auf der Brücke mit gespannter Büchse auf die Mädchen angelegt habe. Der junge Mann leugnet dies hartnäckig, obwohl man ihm die Aussagen des Musquetiers Kärcher und des Wilhelm Mezger vorliest. Man stellt ihm den Heinrich Schwarz gegenüber, der ihm ins Gesicht sagt, er habe doch den Hahn gespannt und auf die Mädchen gezielt. Der verhörende Beamte fordert darauf den Heinrich Schwarz auf, genau zu beschreiben, was er mit eigenen Augen gesehen habe, wie der Ehrhardt das Gewehr getragen, wie er es gegen die Mädchen angelegt habe, ob er unterscheiden könne, ob der Hahn eines Gewehres gespannt sei oder nicht. Beide, der Angeklagte und der Zeuge beharren auf ihrer Behauptung.
Als nächster wird der Oberjäger Friedrich Lenz verhört, 35 Jahre alt, Buchhalter von Beruf; wie er sagt, mit dem Jäger Ehrhardt nicht befreundet. Auch er wird wie alle anderen darauf hingewiesen, dass er seine Aussagen unter Umständen mit einem Eid bekräftigen müsse. Er berichtet: Als das Jägercorps in der Ordnung abgezogen, sei er noch in der Wirtschaft geblieben, um diejenigen zurück zu bringen, die berauscht waren. Er habe aber nur noch den Bijoutier Ehrhardt angetroffen, der einen Rausch gehabt und unbedingt noch ein Glas Wein habe trinken wollen. Das habe er nicht geduldet, habe ihn hinausgeschickt und vor laufen lassen, weil er nicht neben dem Betrunkenen her gehen wollte. Da habe er gesehen, wie der Ehrhardt auf der Brücke, wo mindestens 20 Bauern standen, angefangen habe, mit seinem Gewehr zu fackeln. Er sei gleich hinzu gesprungen, aber da hätten die Bauern schon den Ehrhardt herumgezerrt und ihm das Gewehr nehmen wollen. Er habe dem Ehrhardt sofort das Gewehr und den Säbel abgenommen und den Bauern erklärt, sie sähen doch, dass er den Ehrhardt zum Arrestanten gemacht habe, und damit könnten sie ja zufrieden sein. Gewehr und Säbel habe er dann dem Stadtsoldaten Huber übergeben, der zufällig dabei gewesen sei. Als er den Ehrhardt mit sich fortgezogen, um ihn zur Compagnie zu führen, seien Steine geworfen worden, einer hätte ihn am Auge getroffen, der Ehrhardt aber sei über die Wiesen in Richtung Enzberg gelaufen. Warum es zum Streit auf der Brücke gekommen, wisse er nicht.
Der Stadtsoldat Huber bestätigte diese Angaben. Er war im Lammwirtshaus zurückgeblieben, um dort beim Aufräumen zu helfen und dann dazu gekommen, wie der Oberjäger Lenz den Ehrhardt entwaffnete. Auch er sei auf einmal von Jung und Alt umringt und angegriffen worden, sein Sohn, der als Musikant beim Jägercorps sei, habe ihm helfen wollen, sei aber von der Menge fortgerissen worden. Erst in Eutingen habe er ihn wieder getroffen.
Darauf befragte man ihn wegen der Platzpatronen, die er für die Jäger hergestellt habe. Ja, er habe davon gegen 70 gemacht, nämlich aus zwei Pfund Pulver. Die Jäger hätten unterschiedlich viele erhalten, je nachdem sie solche von ihm verlangt hätten. Alle ohne Ausnahme hätten auf dem Floß geschossen, am Eutinger Wehr hätten sie eine Art Lauffeuer gemacht, viele hätten weitere Patronen von ihm begehrt, er habe aber keine mehr gehabt. So viel er wisse, habe keiner Blei, Kugeln oder Schrot mit sich geführt, Schrot am allerwenigsten, denn nach der Scheibe schieße man ja mit Kugeln.
In diesem Augenblick erschien der Musquetier Kärcher, dem man offenbar Urlaub von seinem Regiment in Karlsruhe gegeben hatte. Der sagte nun dem Huber ins Gesicht, dass er derjenige sei, der ihn beschimpft und ihm das Seitengewehr weggenommen habe. Huber wehrte sich, er habe den Kärcher nur zurechtweisen wollen.
Die Ermittlungen wurden für diesen Tag eingestellt. Im Protokoll wurde vermerkt, dass der Musquetier Kärcher eine schlechte Beurteilungsgabe habe, und dass der Wilhelm Metzger schon zweimal wegen Schlaghändel bestraft worden sei.
Am nächsten Tag wurde Wilhelm Gerwig zur Vernehmung vorgeladen. Er war 19 Jahre alt und arbeitete als Handelsgehilfe bei Herrn Kaufmann Klenz. Er sei auf dem Nachhauseweg von Niefern begriffen gewesen, als zwischen der ersten und der zweiten Brücke der Lärm entstanden sei. [Die erste Brücke führte über den Mühlkanal, die zweite über die Enz.] Mehrere Bauern und Jäger hätten den Bijoutier Ehrhardt umringt und ihm seine Büchse abnehmen wollen. Auch ein Soldat vom churfürstlichen Militär sei dabei gewesen. Er habe die Bauern gefragt, was es gäbe, worauf diese erwidert hätten, der Jäger habe nach ihnen gezielt. Er habe hierauf den Bauern vorgestellt, sie möchten doch diesen Menschen gehen lassen, sie sähen ja, dass er betrunken sei. Darauf sei er wieder ins „Lamm“ zurück. Bald darauf sei der junge Flößer Mürrle gefallen, man habe ihn in die Wirtschaft hineingetragen, er habe Löcher im Kopf gehabt und kein Zeichen von sich gegeben. Er, der Gerwig, sei noch eine Weile im Lammwirtshaus geblieben, um die Schwestern des verwundeten Mürrle zu beruhigen, dann wäre er mit Frau Deimling nach Hause gefahren. Dies sei alles, was er vom Hergang der Sache wisse. Ob die Bauern oder die Flößer und Jäger den Streit angefangen hätten, das wisse er nicht. Das Sturmläuten habe er nicht gehört. Nur der Ehrhardt sei wirklich stark betrunken gewesen, der habe in der Wirtsstube Gläser zusammengeschlagen.
Der Fabrikarbeiter Christian Huber vom Jägercorps, 21 Jahre alt, Sohn des Stadtsoldaten Huber, gab an, er arbeite im Cabinet des Herrn Mahler und verdiene wöchentlich 5 Gulden. Er sei Musikant beim Jägercorps [er spielte die Klarinette] und wäre mit der Musik schon vor den übrigen Jägern abgezogen. Dem Streit auf der Mühlbrücke habe er anfänglich keine Beachtung geschenkt, als er aber gesehen habe, wie der Bijoutier Reinbold den Ehrhardt von den Bauern weg mit sich ziehen wollte, sei er hinzu gelaufen, um zu sehen, was es gäbe. Da habe er gesehen, wie sein Vater mit einem kurfürstlichen Soldaten herumstritt, er habe sich seines Vaters angenommen, und der Musquetier habe ihn gehen lassen. Aber nun seien die Bauern über ihn, den Sohn, hergefallen, er habe einen Faustschlag auf die Schulter bekommen, und der Soldat habe ihm den Hut herunter geschlagen. Diesem habe er den Säbel entwunden und sei davon gerannt, sieben oder acht Bauern seien ihm nachgesprungen und hätten mit Prügeln auf ihn eingeschlagen, er habe den Säbel über den Kopf gehalten, und so habe er nur Streiche auf die Schenkel bekommen. Den Säbel habe er ohne Scheide hierher gebracht.
Weitere Vernehmungen in Niefern im Juli 1804
Die Angelegenheit war so dringend, dass die Herren Untersuchungsbeamten sogar am Sonntagnachmittag, am 15. Juli, nach Niefern fuhren, um weitere Personen zu verhören. Der brave Michel Bauer, 50 Jahre alt, war auf den Lärm hin herbei gelaufen. Er sah, wie drei oder vier Männer über den Bürgermeister her waren und ihn verprügelten, und wie ein kleiner Mensch mit dem Gewehr auf ihn zielte. Er habe dem Bürgermeister in der Not zu Hilfe eilen wollen, sei aber nun selbst angegriffen und mit Prügeln und Säbeln bis an sein Haus gejagt worden. Er habe noch gesehen, wie Flößer und Jäger seinem Haus gegenüber über den Zimmermann Mezger hergefallen seien. Die ersten Schüsse seien gefallen, als der Bürgermeister am Boden lag, er wisse aber nicht, wer geschossen habe.
Martin Gräßle, ledig, 23 Jahre alt, ist von der Papiermühle her dazu gekommen, als die Händel schon in Gang waren. Das erste, was er zu Gesicht bekommen, sei der Musquetier Kärcher gewesen, welchen zwei Jäger verfolgt und dabei gerufen hätten: „Halt Baurenbub, oder wir schießen!“ An der Brücke habe er dann gesehen, wie der Martin Kühner von vielen Jägern umringt worden, diese hätten mit Flinten nach ihm gestoßen, auch mit bloßen Säbeln seien sie auf ihn los. Weiter habe er gesehen, wie die Jäger den Johannes Dürrsperger mit Flinten auf den Boden gestoßen und wie derselbe auf einen Schuss hin niedergefallen sei. Schließlich habe er beobachtet, wie der Wilhelm Mezger einem Flößer den Säbel aus der Hand gerissen, und wie dieser eine Weile später wieder mit einem anderem Säbel gekommen sei. Insgesamt habe er es bis zu 10 mal schießen hören.
Johann Nicolaus Weeber, 40 Jahre alt, ist in Niefern geboren, betreibt aber eine Gärtnerei in Heidelberg. Seit ungefähr drei Wochen hält er sich hier auf und bewohnt ein Zimmer im „Lamm“. Er unterhielt sich in der Wirtsstube mit dem Herrn Dennig und anderen Leuten aus Pforzheim, als der Tumult begann. Er sei ans Fenster getreten, da aber Steine flogen, sei er in seine Stube hinauf gegangen. Von dort habe er gesehen, dass der Herr Dennig sich unter dem Haufen in gefährlicher Lage befinde, er sei hinunter und habe ihn wieder glücklich ins Haus zurück gebracht. Von den Leuten aus Niefern kenne er kaum einen, er sei schon zu lange weg.
Man wollte von ihm auch wissen, wie sich der Schultheiß bei dieser Sache betragen habe. Weeber sagt, er habe den Schultheißen wie auch die Offiziere der Jäger unter der Menge gesehen, aber was sie gesprochen oder getan hätten, wisse er nicht. Nach Beendigung der Händel sei der Schulz ins „Lamm“ gekommen und habe beinahe nicht mehr sprechen können. Er habe gesagt, er sei selbst davon geloffen, weil er fürchtete, misshandelt zu werden.
Martin Kühner, Bürger von hier, 33 Jahre alt, war zu Hause, als seine Tochter zu ihm kam und sagte, dass man seinen Neffen, den Martin Kärcher, schlage Darauf hin sei er fort, um seinen Neffen zu suchen. Er habe ihn auf den Wiesen getroffen, wo er gejammert habe, dass man ihn rechtschaffen geschlagen und ihm sein Seitengewehr genommen habe. Den Martin habe er nun vorerst nach Hause geschafft, dann sei er auf dessen Bitte noch einmal fort, um das Seitengewehr zu suchen. Im „Lamm“ habe man ihm gesagt, der Stadtsoldat Huber habe die Waffe an sich genommen. Darauf sei er zur Brücke, um diesen zu suchen, und hier hätten ihn sofort mehrere Flößer angegriffen, aber des Sägers Sohn aus Pforzheim habe ihn losgerissen. Ihm sei es hauptsächlich um den Kärcher gegangen, und als dieser in Sicherheit war, habe er sich nicht mehr um die Händel gekümmert.
Die Untersuchungskommission begab sich nun in die Behausung des Lorenz Dürrsperger, um dessen Ehefrau zu befragen. Sie erzählte: Als es Sturm gelitten und geheißen habe, dass ihr Sohn geschlagen werde, sei sie fortgegangen, um ihn zu suchen. Sie sei bis ans „Lamm“ gekommen, wo ihr Sohn auf dem Boden gelegen und gerufen habe: „Mutter, das Aug ist heraus!“ Als sie ihn nun habe aufheben wollen, habe sie Schrotschüsse auf die Brust erhalten. Vorher und nachher habe sie von den Händeln nichts gesehen.
Neben dem Bett der Dürrspergerin saß ihre Schwester, die Ehefrau des Andreas Gräßle. Diese gab aus freien Stücken an: Sie sei mit ihrer Schwester zum „Lamm“ gesprungen, da habe sie gehört wie eine Jäger, ein dicker schöner Mann, sagte, er habe noch eine Kugel geladen, die wolle er noch losschießen. Ihr Mann, der Andreas Gräßle, der auch dabei gestanden, habe dem Jäger das Gewehr abgenommen, es aber dann einem Offizier zurück gegeben.
Ihr Ehemann, Andreas Gräßle, 45 Jahre alt, ist Scharwächter [Nachtwächter] in Niefern. Er bestätigt die Aussage seiner Frau. Diese habe zu ihm gesagt, da sei ein Jäger, welcher eine Kugel im Gewehr habe. Er sei hierauf zu diesem Jäger hin und habe ihn gefragt, ob er noch mehr Unglück anstellen wolle. Der Jäger habe erwidert, wenn er etwas von einem Gewehr verstehe, so solle er es visitieren. Darauf habe er den Ladestock in den Lauf laufen lassen, er könne aber nicht sagen, ob eine Kugel darin gewesen oder nicht. Nun habe der Jäger nach seinem Gewehr gegriffen und ein anderer, der dazu gekommen, habe ebenfalls danach gelangt. Da habe er es fahren lassen, um nicht in Händel zu geraten. Auch er beteuert, dass sich die Flößer besonders gewalttätig aufgeführt hätten, vor allem einer, den hätten mehrere Pforzheimer zurückhalten und ins „Lamm“ hineinziehen wollen; allein der habe sich nach Kräften gesträubt und sich nicht von seiner Wut abhalten lassen.
Bericht des Schultheißen Hofsäß an das Oberamt
Am 16 Juli schreibt Schultheiß Hofsäß einen Bericht an das Oberamt, um sich gegen den Vorwurf zu verteidigen, er habe an jenem Sonntag ohne große Not die Sturmglocken läuten lassen und dadurch zur Verschärfung der Lage beigetragen. Er habe ja bereits zu Protokoll gegeben, warum er dies befohlen habe, aber in seiner großen Angst habe er nicht alles hinlänglich genug beantworten können. Deshalb wolle er jetzt der Wahrheit gemäß Genaueres berichten. Wörtlich schreibt er:
Da ich den gefährlichsten Aufstand und das zügellose Betragen der dahier gewesenen Pforzheimer erfuhr, und die hiesigen Leute haufenweis schrieen, man solle Sturm läuten, so besänftigte ich diese so lange, bis ich selbsten auf dem Sturmplatz gewesen bin. Deshalb verfügte ich mich sogleich dahin, sah leider, dass die Sache sehr gefährlich aussehe, und suchte Frieden herzustellen, wo ich konnte, bietete Frieden, während Steine und Prügel an mir vorbei flogen. Aber alles war vergebens. Zuletzt versuchte noch der Offizier der Pforzheimer, Frieden unter seinen Leuten zu bieten, aber all sein Bitten, Schreien und Bestreben blieb leider fruchtlos. Da sah ich, dass ein Jäger mit seinem Gewehr der geraden Linie nach auf mich zielte. Sogleich sprang ich auf die Seite, als der Schuss getan, geht gleich ein Geschrei los: “Der und der ist geschossen worden“. Und alles schrie „Sturm läuten, Sturm läuten!“ Im nächsten Augenblick schrie alles wieder: “Es sind noch mehr geschossen worden, um Gottes Willen, ist denn keine Hilf und Errettung mehr da!“ Ich hatte keine andere Wahl mehr, um bei solchen Umständen keine Schuld am Unglück der Bürgerschaft mir auf den Hals zu ziehen, fand es in meiner Angst selbst für nötig, läuten zu lassen, weil ich dachte, dass alsdann die wütenden Pforzheimer einen Schrecken bekommen und Frieden geben würden. Ich ließ, da ich größerer Gefahr entgegen sah, die Glocken läuten, auch weil uns das Läuten bei dem französischen Überfall, als sie zur Zeit des Krieges einen Bürger verstochen haben, großen Nutzen verschafft und die Franzosen auf das Läuten hin davon gesprungen sind. Dass aber die Pforzheimer in ihrer Wut sich dadurch nicht schrecken ließen, konnte ich nicht zum voraus sehen, sondern glaubte eben alles zum besten anzuwenden und weiteres Unglück zu verhüten.
Erstens: Voriges Jahr ist die ganze Pforzheimer Kavallerie aus Pläsier mit Unter- und Obergewehr hieher gekommen. Woran jedermann sein Vergnügen gehabt, weil alle Ehrbarkeit damals vorging. Bei einer Umfrage bei den damals hier gewesten Pforzheimern wird nicht einer sein, der Klage führen kann, dass nur ein Nieferner sich unnachbarlich gegen sie verhalten hätte, wie Herr Rittmeister Essig und alle anderen bezeugen können.
Zweitens kam am letzten Ostermontag Herr Hauptmann Higene mit seinem ganzen Corps Fabrikanten hieher, welche getanzt und gewiss lustig unter den hiesigen Leuten gewesen sind. Man möchte nur Herrn Higene fragen, ob von seinen oder den hiesigen Leuten ein unschönes Wort einer dem anderen gegeben habe; diese sind auch in der allerschönsten Ordnung nach aller gehabter Lustbarkeit nach Hause marschiert.
Den letzten leidigen Zufall, der sich hier ereignet, nenne ich für den hiesigen Ort ein Unglück, für die wütenden Pforzheimer aber ein Glück, dass es hier geschehen und nicht in einem anderen Ort, sonst würde das Unglück für sie viel bedenklicher gewesen sein. Die Jäger haben in ihrer allzu großen Brutalität selbst den Anlass zu den Händeln gegeben. Diese wird andurch dem churfürstlichen Oberamt zur beliebigen Einsicht und weiterem Gutfinden ganz gehorsamst einberichtet.
Niefern, den 16. July 1804 Schultheiß Hofsäß
Weitere Verhöre im August und September 1804
Wegen der 14 tägigen Abwesenheit des Oberamtsverwesers Roth, der sich in Wildbad im Urlaub befand, und wegen der beginnenden Erntezeit konnte die Untersuchung erst wieder am 15. August aufgenommen werden. Immer noch nicht hatte man die jungen Flößer verhört, die in die Schlägerei verwickelt gewesen waren. Sie waren in Floßgeschäften unterwegs, und man wusste nicht genau, wann sie zurück kommen würden. Man ließ den Zunftmeister der Flößer auf das Amt kommen und befahl ihm, sobald die jungen Leute wieder hier sein würden, dafür zu sorgen, dass keiner die Stadt verlasse und sofort dem Oberamt Meldung zu machen.
Am 4. September wurden weitere Bürger aus Niefern verhört. Der 64-jährige Schuhmacher Friedrich Manz erzählte ungefähr die gleiche Geschichte, die man schon vom Musquetier Kärcher und vom Zimmermann Mezger gehört hatte. Als die Händel ernstlicher geworden, sei er fort und nach Hause gegangen. Der 28-jährige Schweinehirt Friedrich Manz, hatte nur gesehen, dass zwei Jäger den Musquetier Kärcher eine große Strecke mit ihren Gewehren verfolgten, und dass die Mutter des Lorenz Dürrrsperger von einem Schuss niedergestreckt worden sei.
Der 43-jährige Waidgesell Johann Weeber hat sich während der Schlägerei in der Stube seines Bruders, des Gärtners Weeber, im „Lamm“ aufgehalten und nur von Zeit zu Zeit aus dem Fenster geschaut. Dabei hat er gesehen, wie die Flößer und Jäger über den Bürgermeister herfielen, wie der Anwalt versuchte, Frieden zu stiften, wie der Fabrikant Zeh betrunken aus dem Wirtshaus hinaus gegangen und von einem Steinwurf getroffen wurde und niederstürzte. Sodann habe er zugesehen, wie ein Jäger, und zwar der, den sie dann arretiert hätten, 6 oder 7 mal seine Büchse gegen die Bürger angeschlagen hätte, sie hätte aber versagt.
Dies war eine schwere Anschuldigung gegen den Jäger Beck. Deshalb wurde dem Zeugen deutlich gemacht, er solle seine Aussagen wohl bedenken, da sie von wichtigen Folgen seien, und man frage ihn hiermit nocheinmal, ob er im Stand sei und mit gutem Gewissen und mit bürgerlichem Eid bestätigen könne, dass jener Jäger wirklich losgedrückt habe, und ob er dieses genau gesehen, so dass nicht der mindeste Zweifel übrig bleibe. Weeber antwortet, er habe genau gesehen, dass der Jäger den Hahn losgedrückt, und dass er jedes Mal den Hahnen wieder gespannt und wieder losgedrückt habe, und dieses wenigstens 6 mal.
Der 50-jährige Schweinehirt Jacob Diehl, von Niefern, stand auf den Wiesen an der Enz und sah den Händeln von der Ferne zu. Er will beobachtet haben, wie Herr Mahler einem Jäger das Gewehr weggenommen hat. Er habe geglaubt, damit der Jäger nicht damit schießen könne, statt dessen habe Herr Mahler selbst dreimal nach den Bauern gezielt, ob er aber losgedrückt habe, hätte er nicht sehen können. Er könne seine Aussage mit bürgerlichem Eid bestätigen, und wenn sein Zeugnis nicht genug sei, dann solle man den Conrad Engelsberger kommen lassen, der dies auch gesehen habe. Und er habe auch gehört, wie zwei Jäger zu Herrn Mahler gesagt hätten, man solle den Lumpenflecken anzünden. Er selbst sei, als es zu arg geworden und man von beiden Seiten mit Steinen geworfen habe, davon und der Papiermühle zu gelaufen. Der Pfarrer, der vor seinem Haus gestanden, könne das bezeugen. [Der Pfarrer wohnte damals in der Niefernburg, gleich bei der Papiermühle.]
Conrad Engelsberger, 54 Jahre alt, bestätigt, dass er mit seinem Kind auf der Wiese nicht weit von dem Diehl gestanden habe. Aus der Ferne habe er gesehen, dass Herr Mahler mit dem Säbel unter den Jägern herumging, aber dass er auf die Nieferner mit der Büchse angeschlagen, das habe er nicht beobachten können.
Man konfrontierte den Herrn Mahler mit der Aussage des Diehl, worauf dieser erklärte: Wahr sei, dass er dem Jäger Gerwig die Büchse abgenommen habe, um zu sehen, ob sie nicht geladen sei, und zwar aus Vorsicht, weil der Gerwig etwas betrunken gewesen sei.
Auch der 34-jährige Jacob Friedrich Knodel, der neben dem Schweinehirten die Gänse hütete, beobachtete die Schlägerei aus sicherer Entfernung. Als aber ein guter Freund von ihm, der Jacob Gräßle, von den Jägern geschlagen wurde, sei er diesem zur Hilfe gesprungen. Gleich seien die Jäger auch über ihn hergefallen, hätten ihn zu Boden geworfen und mit Flintenkolben gestoßen, dazu habe er einen Säbelhieb über die Hand bekommen. Er habe aus Maul und Nase geblutet und ohnmächtig da gelegen, bis man ihn fortgetragen habe. Vier Tage lang habe er vor Schmerzen nicht arbeiten können.
Der Fuhrknecht Friedrich Knäusle, 38 Jahre alt, erzählte: Er und der Fuhrknecht des Ratsverwandten Aab seien nach Niefern mit den Wagen gefahren, um die Flößersöhne dort abzuholen. Nachdem sie ihre Pferde gefüttert hatten, seien sie in die Wirtsstube , als plötzlich er wisse nicht wie die Händel angegangen. Vom Fenster aus habe er gesehen, wie Herr Geiger und Herr Krenkel sich bemühten, die Leute zufrieden zu stellen. Er glaube, dass das Sturmgeläut an allem Schuld sei, denn als es das zweite Mal Sturm gelitten, seien alle Bauern herbeigeeilt, sogar die Weiber. Der Schultheiß habe zu den Bauern gesagt: „Jetzt schlaget recht zu!“ und die übrigen Bauern hätten gerufen: „Schlaget zu auf alle, die Pforzheimer sind, schlagt die Hunde tot!“ Sein Kamerad, der neben ihm gestanden, habe das auch mit angehört. Darauf hin seien er und sein Kamerad davon gelaufen und hätten Wagen und Pferde im Stich gelassen.
Der Bauernknecht Michel Rohrer, 24 Jahre alt, steht in Diensten des Ratsherrn Aab. Er ist mit dem Wagen nach Niefern gefahren, um dort den Sohn seines Dienstherrn zusammen mit einigen anderen Flößern abzuholen. Er hat nur gesehen, wie man den jungen Katz über die Brücke hinunter ins Wasser geworfen hat. Gleich wären dann 5 oder 6 Bauern im Wasser mit Prügeln auf ihn los. Er, der Michel, sei dem Katz zu Hilfe geeilt, die Bauern hätten mit Prügeln und Steinen geschmissen, ein Stein sei dem Katz an den Kopf gefahren, so dass er niedergestürzt sei. Mit anderen zusammen hätten sie den Bewusstlosen ins Wirtshaus geschleppt. Er sei wieder hinaus, um nach den Pferden zu sehen. Da seien die Bauern mit dem Ruf: „Das ist auch ein Pforzheimer!“ auf ihn los, er habe sich wieder ins Haus geflüchtet, aber unter der Türe hätten sie ihn noch erwischt und mit Prügeln tüchtig auf ihn eingeschlagen, dass er es acht Tage lang gespürt habe.
Der Rotgerber Korn, 34 Jahre alt, berichtet, was ihm am Tag nach der Prügelei ein Schuhmacher aus Enzberg erzählte: Als das Sturmgeläut in Niefern angefangen, seien sämtliche Einwohner von Enzberg im Begriff gewesen, nach Niefern zu gehen, in der Meinung, dass es dort brenne. Da aber der Schultheiß erfahren, dass man wegen Schlaghändeln Sturm läute, habe er seinen Leuten geboten, nicht über die Gemarkungsgrenze hinaus zu gehen. Inzwischen seien zwei Boten angekommen, die der Schultheiß von Niefern an den Schultheißen von Enzberg geschickt habe mit der Aufforderung, seiner Bürgerschaft zu Hilfe zu kommen.
Der Schultheiß Michel Engel von Enzberg wird vorgeladen. Er bestätigt das, was der Rotgerber Korn gehört hat, allerdings von einem Boten des Nieferner Schultheißen weiß er nichts. Nur ein Büblein aus Enzberg sei zu ihm gekommen und habe gesagt, ein Mann von Niefern habe zu ihm gesagt, es seien solche Händel in Niefern, und sie, die Enzberger möchten doch zu Hilfe kommen.
Gegenüberstellung der Pforzheimer Jäger und einiger Nieferner Bürger
Am 30. August wurden in Pforzheim alle Jäger verhört, die in Niefern dabei gewesen waren, soweit sie bisher noch nicht befragt wurden. Dabei erfuhren die Beamten wenig Neues. Wenn man den jungen Leuten Glauben schenkte, dann waren sie die reinsten Unschuldslämmer gewesen, die sich lediglich gegen die tollwütigen Bauern in Niefern wehren mussten. Die meisten hatten weder etwas vom Sturmläuten noch vom Schießen gehört, sie wollten auch nicht wissen, aus welchem Grunde die Händel angefangen hatten. Als der Tumult begann und es hieß, die Nieferner Bauern wollten alle Pforzheimer totschlagen, seien sie ihren Kameraden, ihren Frauen und ihren Töchtern zur Hilfe geeilt, und dabei seien sie in einen Hagel von Steinen und Prügeln geraten. Nur einige wenige von ihnen hatten sich schon früher auf den Heimweg begeben, einige hatten sich auch still davon gemacht, als der Streit ausbrach.
Am 14. September 1804 erfolgte eine Gegenüberstellung der Jäger mit Bürgern aus Niefern, die angegeben hatten, sie würden jene wieder erkennen, welche die heftigsten Tätlichkeiten verübt hätten. Johannes Dürrsperger, Michel Bauer, Andreas Gräßle, der Hufschmied Johann Wilhelm und der Schuhmacher Friedrich Manz waren zu diesem Zweck nach Pforzheim zum Oberamt bestellt worden. Ihnen gegenüber hatten die Jäger in Uniform Aufstellung genommen. Die Nieferner wurden ermahnt, nur das anzugeben, was sie mit gutem Gewissen behaupten könnten. Es komme darauf an, ob sie einen Jäger mit Gewissheit oder nur ihrer Meinung nach wieder erkennen würden.
Der Johannes Dürrsperger wollte keinen der Jäger wieder erkennen, fügte aber hinzu, er habe nur mit Flößern zu tun gehabt.
Der Johannes Wilhelm bezeichnete den Barbier Vogt als denjenigen, der mit dem Gewehr auf ihn gezielt habe; ob aber das Gewehr geladen und der Hahn gespannt war, das wisse er nicht. Zwei andere Jäger hätten ihre Büchsen beim Lauf genommen und auf ihn einschlagen wollen, aber sie hätten dann auf seinen Zuspruch nachgegeben und ihm nichts zu leid getan. Der Jäger Vogt streitet es ab, auf den Wilhelm mit der Büchse angelegt zu haben; er habe überhaupt auf niemand gezielt, wohl aber mit dem Gewehr heranfliegende Prügel und Steine abgewehrt.
[Jedenfalls, diese Gegenüberstellung bringt keinerlei Klarheit. Man gewinnt den Eindruck, dass die Leute von Niefern keinen Pforzheimer direkt beschuldigen wollen, und dass sie um des künftigen Friedens willen einiges verschweigen.]
Bericht des Doktor Roller und des Chirurgen Schmidt vom 14. September 1804
Nachdem bekannt geworden war, dass an jenem Sonntag die Kutsche der Ärzte aus Pforzheim umgeworfen worden war, forderte das Oberamt sie auf, darüber und über ihre weiteren Beobachtungen in Niefern zu berichten.
Kaum vor unserer Abreise von Niefern hörten wir von unserem Postillion, dass unsere Chaise umgeworfen worden sei und zum Glück etliche Schritte zurück gestanden wäre, weil sie sonst in die Enz gefallen und ganz zerbrochen sein würde. Wie wir uns bei dem Lammwirt erkundigten, wer es denn gewesen sein möge, sagte er, er glaube, dass es zwei Mühlenburschen gewesen seien, die er nach Hause gehen heißen, weil sie ihm zu lange sitzen geblieben waren. Der eine sei aus der Mühle in Enzberg, der andere aus der Schlossmühle zu Niefern.
In bezug auf die weitere Frage, ob uns sonst noch etwas aufgefallen sei, wüssten wir wenig Erhebliches dazu sagen, weil wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere vielen Geschäfte zu richten hatten. Wir fanden noch eine ziemliche Menge Menschen im Lamm, aber alles, so gut es Leute sein konnten, ruhig, und selbst der gefangene Jäger Goldarbeiter Beckh verursachte keine Verdrießlichkeit, als dass Herr Floßinspektor Böhringer verlangte, dass man ihn nicht auf das Rathaus führen sollte, weil er wahrscheinlich für ihn besorgt war. Er wurde aber doch ganz still dahin abgeführt. Im Dorf selbst hörte man keinen Lärm, und nur in den Häusern der Verwundeten trafen wir viele Personen beisammen an. Mit viel Erbitterung wurde von den Pforzheimern gesprochen. Das einzige fiel uns auf, dass unter vielen Personen in einer Stube einer, den wir kaum sehen konnten, geäußert hat, er hätte auch geschossen, wenn er eine Flinte gehabt hätte.
Pforzheim, 4. September 1804 Roller, Schmidt
Christian Huttenloch schildert sein Unglück
Erst am 28. September ist es möglich, den unglückliche Christian Huttenloch zu befragen. Er kann infolge seiner Verletzungen auch jetzt nur mühsam sprechen: Er sei mit seinem Kind zu Hause gesessen, als auf einmal Lärm entstanden sei und es geheißen habe, es brenne. Darauf sei er mit seinem Feuereimer aus dem Haus gesprungen, das Dorf hinunter zum „Lamm“. Er sei an der Gartenmauer gegenüber dem „Lamm“ gestanden, als auf einmal ein Flintenschuss aus dem Fenster im oberen Stockwerk des alten Lammwirtshauses gefallen sei. Er habe zwei Mannsleute gesehen, die ihre Gewehre zum Fenster heraus gestreckt hätten, beschreiben könne er sie nicht, es sei alles so schnell gegangen. Er sei zusammengebrochen, einige Männer hätten ihn in die Behausung des Elias Lehr geschleppt.
[Dies war ein völlig neuer Aspekt. Daher richteten die Untersuchungsbeamten ihre Aufmerksamkeit nunmehr auf die Frage, ob sich während der Händel auch Jäger im Wirtshaus aufhielten. Das Lammwirtshaus bestand aus einem altem und einem neuen Gebäude, die aneinander gebaut waren. - Jeder Bürger hatte zu Hause einen Feuereimer aus Leder bereit zu halten, um im Falle eines Brandes beim Löschen zu helfen.]
Dazu wird der Lammwirt Lorenz Stieß unter Eid vernommen, und er erzählt folgendes: Als die Offiziere zum Aufbruch gedrängt, hätten sich die Jäger vor einem Haus gegenüber aufgestellt und seien dann in aller Ordnung abgezogen. Einige seien noch zurückgeblieben, aber bald darauf dem Corps nachgezogen. Als die Händel los gegangen, sei das ganze Haus von Jägern leer gewesen. Ob später wieder welche herein gekommen, könne er nicht sagen, denn er habe vor Schrecken und Angst nicht ein noch aus gewusst.
Ein Zimmer und eine Kammer oben im alten Haus gingen auf die Straße hinaus. In diesem Zimmer habe der Gärtner Weeber logiert. Von dem Zimmer gehe eine Tür in die Kammer, welche aber immer verschlossen sei. In diese Kammer, in der zwei Betten stünden, könne man auch über eine Treppe hinauf kommen. Während der Händel habe ein Jäger, den er nicht kenne, eine Büchse und einen Säbel in seinem Haus abgegeben. Seine Weibsleute hätten die Waffen in die Kammer im alten Haus, in die niemand komme, gelegt. Am folgenden Dienstag habe sie dann ein Arbeiter abgeholt.
Kurz danach wird der Gärtner Nicolaus Weeber noch einmal als Zeuge und zur Sache vernommen. Während der Händel habe er keinen Jäger im oberen Stockwerk erblickt. Er habe im alten Haus ein Eckzimmer bewohnt, von dem zwei Fenster auf die Dorfstraße und zwei Fenster auf den Hof hinaus gehen. In der Kammer neben diesem Zimmer schliefen die Kinder des Lammwirts, diese Kammer sei aber immer verschlossen. Während der Händel habe er sich in diesem Zimmer aufgehalten; nur einmal sei er hinunter gegangen, um den Herrn Dennig aus dem Tumult zu ziehen, und dann noch einmal, als man den verwundeten Flößer ins „Lamm“ gebracht. Von der Verwundung des Huttenloch habe er erst später erfahren.
Nachdem sich herausstellte, dass die im „Lamm“ aufbewahrte und später abgeholte Büchse dem jungen Herrn Borgnis, einem von den Jägern, gehörte, wurde dieser noch einmal verhört. Er habe sich mit Herrn Minius, dem jungen Herrn Krenkel und dem jungen Herrn Dennig, mit dem er später nach Hause gegangen, in der Eckstube im unterem Stockwerk des „Lamm“ aufgehalten. Als die Händel angingen, habe ihm Herr Minius das Gewehr und den Säbel abgenommen und dem Wirt zur Aufbewahrung gegeben. Bei der Floßfahrt sei ihm seine Büchse bei der Altstädter Kirche ins Wasser gefallen, einige Stunden nachher habe sie ihm der Flößer Kiehnle nach Niefern gebracht. Am folgenden Dienstag habe er dann den Säbel und das Gewehr durch den Commissionär Baumann von Niefern abholen und dem Büchsenmacher Welker zum Ausputzen bringen lassen. Übrigens sei seine Büchse nur mit Pulver geladen gewesen. Dies bestätigt der Büchsenmacher Welker. Es sei ganz unmöglich, dass aus dieser Waffe in Niefern geschossen worden sei, das Wasser sei überall eingedrungen, bis sie der Flößer aus der Enz geholt und nach Niefern gebracht hätte.
Man will es genau wissen. Die 23-jährige Näherin Dorothea Köhlin aus Pforzheim, die im Gasthaus bediente, hat den Vorfall mit dem Gewehr beobachtet. Mitten während der Händel habe sich Herr Borgnis in Gesellschaft in der unteren Eckstube aufgehalten. Als er habe nach Haus gehen und seine Büchse mitnehmen wollen, habe es sein junger Bruder nicht gelitten und habe das Gewehr dem Küfer, dessen Namen sie nicht kenne, und der ebenfalls bediente, zur Aufbewahrung gegeben. Dieser habe sie in die kleine Kammer im oberen Stockwerk getragen und unter die Bettlade gelegt. Der Küfer Jacob Lindenmann bestätigt dies. Ja, er habe am Sonntag im „Lamm“ aufgewartet. Als man ihm die Büchse gegeben, habe er sie geschwind fort getragen. Ob aber die Büchse geladen, ob sie nass oder feucht gewesen sei, das habe er nicht bemerkt. Er habe das Gewehr unter die Bettlade gelegt, so dass sie niemand sehen konnte. Auch habe niemand unbemerkt in die Kammer kommen können, weil nur ein Stieglein aus dem unteren Zimmer in diese hinauf führe.
Der Flößer Johann Jacob Kiehnle stand neben dem Jäger Borgnis, als diesem die Büchse ins Wasser fiel. Er merkte sich die Stelle und zog später mit einem Haken das Gewehr heraus und brachte es seinem Besitzer nach Niefern ins „Lamm“. Auch er meinte, mit diesem Gewehr hätte man nicht mehr schießen können, da es durchaus nass war.
Verhör der Flößer
25. August 1804. Auf Vorladung erschienen an diesem Nachmittag diejenigen jungen Flößer, welche bei den Händeln in Niefern gegenwärtig waren. Sie gehörten alle alteingesessenen Flößerfamilien an, bei denen sich das Handwerk vom Vater auf den Sohn vererbt, und sie wohnten in der Au-Vorstadt.
Christoph Mürrle, 22 Jahr alt, Sohn des Flößers Melchior Mürrle, wusste nicht, wie die Händel anfingen. Allein, wie alles drunter und drüber gegangen, und wie die Bauern über die Jäger her gefallen seien, so seien sie letzteren zur Hilfe geeilt. Als die Händel schon beinahe beendigt gewesen, sei er wieder ins „Lamm“ zurück. Als er aber gesehen habe, dass auf der Brücke mit Steinen auf seine Kameraden geworfen werde, sei er wieder heraus gesprungen, um ihnen zu helfen. Da sei er von mehreren Bauern überfallen, zu Boden geworfen, geprügelt und auf den Hals getreten worden. Der Buchbinder Katz habe ihn befreit. Dann habe er einen Steinwurf bekommen, dass er gleich ohne Besinnung niedergefallen sei. Was von dieser Zeit an vorgefallen, wisse er nicht, da er besinnungslos ins „Lamm“ getragen worden sei. Man hielt ihm vor, die Bauern gäben an, er sei einer von den ärgsten Schlägern gewesen, und die Flößer hätten den Jägern die Seitengewehre heraus gerissen und seien damit auf sie losgegangen. Mürrle sagte, er habe nur mit bloßen Händen die Bauern abgewehrt.
Auch Georg Aab, 22 Jahre alt, der Sohn des Flößers Georg Aab, wusste nichts vom Anfang der Händel. Er habe mit den anderen in der oberen Stube des Wirtshauses getanzt. Als der Lärm begann, sei er hinunter gesprungen und habe die Bauern gefragt, was es gäbe, da habe er sogleich einen Streich über den Kopf erhalten. Weil es geheißen habe, eine Büchse sei ins Wasser geworfen worden, so wären die Flößer ans Wasser, um sie zu suchen. Aber dann hätten sie die Bauern mit einem Hagel von Steinen und Prügeln überfallen, er selbst habe einen Steinwurf und einen Schlag mit einem Prügel erhalten. Da es nun geheißen, dass einer von ihren Kameraden tot geschlagen werde, seien die Flößer abermals zum „Lamm“ geeilt. Den Christoph Mürrle, der von einem Steinwurf wie tot niedergestreckt worden sei, hätten sie ins Wirtshaus getragen. Darauf habe er seine Schwestern, die auch im Lammwirtshaus dabei gewesen, nach Hause begleiten wollen. Allein, draußen beim Wagen sei er wiederum mit mehreren Streichen niedergeschlagen worden, so dass er nicht fort gekonnt, sondern in Niefern habe bleiben müssen. Die Schläge auf den Kopf habe er mit den Armen pariert, er hätte dann diese acht Tage lang nicht bewegen können.
Johannes Katz, 26 Jahre alt, berichtete: Als die Jäger bereits abgezogen gewesen, hätten sie, die Flößer, ruhig und vergnügt im „Lamm“ getanzt. Plötzlich sei zwischen Jägern und Bauern ein Lärmen entstanden, und es habe geheißen, eine Büchse sei ins Wasser geworfen worden. Er und sein Kamerad Kiehnle hätten die Falle am Mühlbach zugestellt, um die Büchse im Wasser zu suchen. Nun hätten die Bauern angefangen, mit Steinen auf sie zu werfen, und der Kiehnle sei im Wasser verprügelt worden. Kiehnle sei dann mit seinem Bruder nach Hause, er aber sei ins Wirtshaus zurück. Kurz darauf habe sein Bruder nach ihm geschickt, er solle doch kommen, denn er sei stark verwundet. Darauf sei er nun wieder bis an die zweite Brücke gelaufen, habe aber seinen Bruder nicht mehr angetroffen, da dieser mit Herrn Mahler nach Hause gefahren sei. Auf dem Rückweg zum „Lamm“ sei ihm ein Bürger von Niefern namens Heinrich Hofsäß, den er sehr wohl kenne, begegnet und habe gesagt: „Johannes, bist du auch da?“ Er habe mit ihm diskutiert, als ihn ein anderer Bauer über die Brücke hinunter ins Wasser gestürzt habe. Und allsogleich seien mehrere über ihn hergefallen, hätten ihn entsetzlich mit Prügeln auf den Rücken geschlagen, ihn dann umgewendet und auch ins Gesicht geschlagen. Er habe zwei Löcher im Kopf, und das Auge sei ihm fast heraus geschlagen worden. Er habe noch gespürt, dass ihn einer aus dem Wasser gezogen, aber von da an könne er nichts mehr angeben. Er selbst kenne den Bauern nicht, der ihn von der Brücke ins Wasser gestürzt, aber der Holzhauer Mößner von Brötzingen und der Carl Katz haben ihm gesagt, es sei ein gewisser Gräßle aus Niefern, der schon einmal in Polen gewesen sei.
Jacob Kiehnle, 30 Jahre alt, erzählt die gleiche Geschichte wie der Johannes Katz. Sie hätten die Stellfalle am Mühlbach zugemacht, um die Büchse zu suchen. Darauf seien die Bauern mit Steinen und Prügeln über sie her, er habe drei Streiche mit einem Klafter-Stickel über den Rücken erhalten, und darauf hin sei er durch das Wasser gewatet und nach Pforzheim. Mehr wisse er nicht und von den Bauern kenne er keinen.
Christoph Aab, 25 Jahre alt, Sohn des Ratsherrn Aab, hat gleich zu Anfang einen Steinwurf an den Fuß bekommen, dass er nicht mehr gehen und nur mit Mühe das „Lamm“ erreichen konnte. Hier hat er dann die ganze Nacht auf einem Stuhl gesessen und konnte nicht aufstehen. Sein Knecht, der ihn mit dem Wagen abholen sollte, sei während der Händel durchgegangen, er habe an diesem Abend nicht mehr fort können. In der Nacht sei sein Wagen umgeworfen worden.
Auch der Christoph Wolf, 24 Jahre alt, Sohn des Flößers Christoph Wolf, musste mit einer Kopfwunde, die er gleich am Anfang erhalten, die Nacht im Wirtshaus verbringen. Von allem übrigen und wie es seinen Kameraden ergangen, davon wisse er nichts.
Johann Jacob Mürrle, 22 Jahre alt, Sohn des Flößers Johannes Mürrle, hat seinen Kameraden Christoph Wolf ins „Lamm“ getragen und dabei einen Hieb auf die Hand erhalten, er wisse nicht, ob von einem Säbel oder einem Messer. Als es dann hieß, der Johann Katz sei in die Brust geschossen worden und den Christoph Mürrle hätten sie tot geschlagen, sei er wieder hinaus. Er habe geholfen, den Johannes Katz und den Christoph Mürrle, welche fürchterlich zugerichtet gewesen, ins Haus zu schleppen. Er und seine Kameraden seien nun in der Wirtsstube geblieben, denn die Bauern hätten gesagt, es solle ja keiner probieren, hinaus zu gehen.
Im übrigen versichern alle Flößer, sie hätten vom Sturmläuten und vom Schießen nichts gehört. Auch hätten sie keine Jäger während der Schlägerei im Wirtshaus gesehen.
Gegenüberstellung der Flößer mit Bürgern von Niefern am 14. September 1804
Am 14. September 1804 wurden am Nachmittag sämtliche jungen Flößer von Pforzheim, die damals nach Niefern gezogen waren, vorgeladen, um sie einigen Einwohnern von Niefern zur Recognation [Wiedererkennung] vorzustellen. Nicht erscheinen konnten der Jerg Jacob Aab, der auf dem Rhein flößte, und der Jerg Jacob Kiehnle, der auf der Enz unterwegs war. Von den Niefernern erschienen Johannes Dürrsperger, Andreas Gräßle, Johannes Wilhelm und Christian Lindenmann, Wagnergeselle beim Schultheiß Hofsäß.
Johannes Dürrsperger erklärt, derjenige Flößer, der ihn angepackt, sei nicht gegenwärtig.
Andreas Gräßle will auch keinen von den Flößern wieder erkennen. Diese aber machen ihm den Vorwurf, er sei einer der Ärgsten bei den Händeln gewesen. Johannes Wilhelm sagt: Den er meine, befinde sich nicht unter den Gegenwärtigen, dieser sei ein großer Mensch mit Blatternarben im Gesicht. Auch ihm machen die Flößer den Vorwurf, dass er mit einer von den Ärgsten bei den Händeln gewesen sei. Wilhelm wehrt sich dagegen, das solle man ihm beweisen, und er beruft sich auf seine frühere eidliche Aussage.
Schließlich erklären sämtliche Flößer, dass der Wilhelm Mezger der Rädelsführer der Nieferner und einer der Ärgsten unter ihnen gewesen sei. Der inzwischen nach Polen gezogene Martin Gräßle habe den Johannes Katz misshandelt.
Bestrafung der schuldigen Jäger, Flößer und Nieferner
Obwohl nicht geklärt werden konnte, wer die Schrotschüsse abgefeuert hatte und offensichtlich von beiden Seiten gelogen und manches verschwiegen wurde, fällte das Kurfürstliche Hofgericht in Rastatt auf Grund der Ermittlungsakten im Dezember 1804 die Urteile.
Von den Jägern wurde für schuldlos erklärt: Gottfried Knäusel, Johann Burger, der junge Strohm, Gürtler Ulmer, Feilenhauer Klein, Glaser Wilhelm Wildersinn, Johann Jacob Mürrle und Schützenmeister Scholpp. Von den Flößern wurden für schuldlos erklärt: Jacob Kiehnle, Johann Jacob Mürrle. Das waren die Personen, die sich erwiesenermaßen vor Beginn oder gleich zu Anfang der Schlägerei entfernt hatten. Alle anderen wurden zu harten Zuchhausstrafen verurteilt. Von den Niefernern wurden Martin Gräßle, Joseph Gräßle Friedrich Knodel und der Wagnergeselle Christian Lindenmann schuldig gesprochen. Das waren diejenigen Männer, die sich bei der Prügelei besonders hervor getan hatten. [Leider sind die Akten des Rastatter Hofgerichts mit den Urteilen nicht mehr vorhanden.]
Der Wagnergeselle Christian Lindenmann wurde vor allem wegen der Misshandlung des Johannes Katz zu einer sechswöchigen „Schellenwerksstrafe mit doppelter körperlicher Züchtigung“ verurteilt. Er stellte sich aber nach Bekanntgabe des Urteils nicht der Strafe, sondern entfernte sich am gleichen Tag von Niefern. Das für ihn zuständige Stabsamt zu Derdingen teilte auf Anfrage mit, dass er sich in seiner Heimat nicht habe sehen lassen, und dass sein Aufenthalt unbekannt sei. Am 14. Februar 1805 teilt der Schultheiß Hofsäß dem Oberamt mit, dass sein Wagnergeselle Christian Lindenmann geflohen sei:
Den Morgen früh hat sich mein Wagnergesell Christian Lindenmann, von Nussbaum gebürtig, angezogen und gesagt, er wolle zum Churfürstlichen Oberamt nach Pforzheim gehen, weil er citiert sei. Meiner Meinung nach glaubte ich auch nichts anderes, als dass es wirklich geschehen. Nun finde ich mich aber in meiner Meinung betrogen. Seine Hauptseligkeiten sind äußerst gering und wenig, die er auch zugleich fortgenommen, als man danach gesehen. Sein Verdienst aber, den er noch an mich zu fordern hat, belauft sich auf ohngefähr 8 Gulden, welche ich bei Händen behalte und ihm und seinen Leuten nicht verabfolgen lasse. Schultheiß Hofsäß
Das kurfürstliche badische Hofgericht befiehlt dem Oberamt Pforzheim, den Wagnergesellen Lindenmann unter Androhung der Landesverweisung öffentlich vorzuladen. In der Karlsruher Zeitung kann man kurz darauf zweimal lesen:
Der in eine Schlägereisache von bedeutenden Folgen verwickelte und vor Einlangung von diesseitigem Kurfürstlichen Hofgericht ergangenen Urteil aber heimlich entwichene Wagnersgesell Christoph Lindenmann von Nussbaum wird hierdurch aufgefordert, binnen drei Monathe um so gewisser sich vor hiesigem Oberamt einzufinden und zu verantworten, als er ansonst der diesseitig Kurfürstlichen Lande verwiesen, das Rechtliche in Ansehung der Strafe aber auf Betreten gegen ihn wird vorbehalten werden.
Verordnet beim Kurfürstlichen Badischen Oberamt Pforzheim, den 1.April 1805
[„Schellenwerkstrafe“: Der Gefangene musste mit Fußfesseln (Handschellen Fußschellen) gemeinnützige Arbeiten zum Beispiel im Straßenbau verrichten.]
Auch der Metzgergeselle Martin Gräßle, der den Johannes Katz ins Wasser geworfen, hat sich der Strafe noch vor Verkündigung des Urteils durch die Flucht entzogen. Dem Vernehmen nach hat er sich nach Polen begeben. Er wird ebenfalls öffentlich vorgeladen unter Androhung des Verlustes des Untertanen-Rechts, der Vermögenseinzugs, der Landesverweisung und der Anschlagung seines Namens an den Galgen.
Die Mutter des Martin Gräßle bittet die Behörde, noch ein viertel Jahr zuzuwarten. Gute Bekannte würden nächstens in die Gegend von Polen ziehen, wo sich ihr Sohn aufhalte. Sie sollten den Sohn bewegen, sich zu stellen. Schultheiß Hofsäß teilt der Behörde mit, dass das Vermögen der Witwe Gräßle in Haus und Liegenschaften vom Ortsgericht auf 2052 Gulden angeschlagen wird. Davon gehen 200 Gulden an Schulden ab, so dass noch 1752 Gulden bleiben. Dieses Vermögen verteilt sich auf die Mutter, einer Frau von 43 Jahren, und ihre 5 lebenden Kinder.
[Zu bemerken ist, dass es der Vater des geflohenen Martin Gräßle war, der seiner Zeit von einem französischen Soldaten im Streit um einen Krug erstochen wurde, worauf der Schultheiß Hofsäß die Sturmglocken läuten ließ und die Franzosen flohen. Der Großvater mütterlicherseits des Martin Gräßle war 1780 nach Preußisch-Polen ausgewandert.]
Sogar das Pforzheimer Oberamt setzt sich für den jungen Mann ein und gibt dem Hofgericht gehorsamst zu bedenken: Jene Brücke, über die der Jäger ins Wasser geworfen wurde, ist nur eineinhalb Schuh hoch, das durchfließende Wasser ist nur ein kleines Dorfbächlein, das im Sommer kaum die Tiefe eines halben Schuhs hat, so dass für Katz keine Lebensgefahr zu befürchten war. [Martin Gräßle ist nicht mehr nach Niefern zurückgekommen.]
Wiederaufnahme des Untersuchungsverfahrens
Am 5. März 1805 erschienen die Jäger Carl Beckh und Christoph Vogt im Hause ihres Capitains Mahler und berichteten, sie hätten erfahren, der Fuhrknecht Friedrich Knäusle, der beim Fuhrmann Hansjörg Clausen in Diensten stehe, habe sich im Kronenwirtshaus als auch im Rösslewirtshaus mehrmals geäußert, er wisse, wer damals in Niefern geschossen habe. Herr Mahler ließ sofort den Knäusle zu sich kommen. Nach vielen Ermahnungen, mit der Wahrheit herauszurücken, gestand der Fuhrknecht endlich, es sei der Jägerbursche des Försters Melter von Eutingen gewesen. Der sei während der Schlaghändel neben ihm am Eingang des Lammwirtshauses gestanden und habe sein Gewehr gegen die Bauern abgefeuert. Danach habe sich der Jägerbursche umgewendet und sei ins Wirtshaus hinein gesprungen. Nachher habe er ihn nicht mehr gesehen.
Dies war ein völlig neuer Aspekt. Deshalb wurde die amtliche Untersuchung sofort wieder aufgenommen. Der Oberamtsassessor befragte den Fuhrknecht, erklärte ihm vorher, dass sein Zeugnis in dieser Sache sehr wichtig sei, deshalb sollte er die Fragen genau und gewissenhaft beantworten, so als ob er unter Eid stünde. Er solle sich auch genug Zeit nehmen, wenn er sich nicht auf der Stelle besinnen könne. Nun erzählte Knäusle, was er gesehen und gehört hatte, und er antwortete auf die Zwischenfragen, die ihm der Assessor stellte. Er sei neben der Staffel bei seinen Pferden gestanden und wäre gern fortgefahren, wenn er gekonnt hätte. Der Jägerbursche habe unter einen ganzen Haufen von Menschen geschossen, es sei beinahe unmöglich gewesen, dass der Schuss nicht einen von ihnen getroffen hätte. Laden habe er den Burschen nicht sehen, aber kurz vorher habe er ein Pulverhorn in seiner Hand erblickt. Den Knall des Schusses habe er gehört, er sei ja neben dem Burschen gestanden. Gleich nachdem die Flinte losgegangen, sei unter den Leuten, die gegenüber standen, ein erbärmliches Geschrei entstanden. Einige hätten geschrieen, ein Mann von Niefern sei tot geschossen worden, und er hätte rufen hören: „O Jesus, mein Aug!“ Der Jägerbursche habe sich umgewendet und sei in das „Lamm“ hinein. Bald darauf sei auch er in die Wirtsstube hinein gegangen. Den Jägerburschen habe er vorher nicht zu sehen bekommen, er habe ihn zum ersten Mal gesehen, als er geschossen habe. Dass es der Jägerbursche des Försters Melter sei, habe er gewusst, weil er ihn schon öfters im Wald beim Holländer-Holz Schleifen gesehen.
Auf die Frage, wie der Jägerbursche in Niefern gekleidet gewesen, kann Knäusle keine genaue Beschreibung geben, nur dass er eine kurze Jacke angehabt, wie sie die Jäger zu tragen pflegen. Auf die Frage, ob es eine Büchse oder eine Flinte gewesen sei, sagt er, dass es gewiss eine gewöhnliche Flinte gewesen sei. Er habe sonst niemand gesehen, der eine Flinte mit sich geführt hätte. Warum er früher davon keine Anzeige gemacht habe? Er habe eben gedacht, der Jägerbursche sei ein fürstlicher Diener, und diese Anzeige könne ihm, dem Knäusle, Ungelegenheiten bringen.
Einige Tage später wurde der Jägerbursche Melter befragt: Er heiße Karl Friedrich Melter, sei 21 Jahre alt und der Sohn des Försters Melter in Weisweil, Amt Emmendingen. Seit ungefähr 1 ½ Jahren stehe er im Dienst bei seinem Onkel, dem Förster Melter in Eutingen. An jenem Sonntag sei er und der Weidgesell Mürrle aus Eutingen wie auch der Sohn seines Onkels in den Wald gegangen, um an der württembergischen Grenze auf die Frevler aufzupassen. Weil es Sonntag gewesen, seien sie zu ihrem Vergnügen miteinander durch Niefern gegangen. Sie seien am „Lamm“ stehen geblieben, um zuzusehen, wie gerade die Jäger abzogen. Dann sei er mit seinen Kameraden ins „Lamm“ hinein. Dort hätten sie Freunde getroffen, unter anderen seinen Vetter Carl Melter, der zu ihm Geschwister Kind sei, und natürlich auch den Lammwirt Stieß, der ein Vetter seines Vaters sei. Sie hätten sich ungefähr eine halbe Stunde im unteren Stock des Wirtshauses aufgehalten. Dann sei er mit Christian Melter, dem Sohn des Försters, fortgegangen.
Ob er gehört habe, dass Leute von Niefern durch Schüsse seien verwundet worden? Ja, er habe gehört dass ein Bauer geschossen worden sei; der Fabrikant Zeh sei halb tot im „Lamm“ gelegen, und es habe geheißen, dass auch ein Flößer im „Lamm“ liege, der tot geschlagen worden sei.
Ob er Schießen und Sturmläuten gehört habe? Er habe einen, vielleicht zwei Schuss fallen hören, wisse aber nicht, ob vielleicht blind geschossen worden sei. Er wisse nicht, wer geschossen habe, es habe weit weg von ihm geschossen, er habe das Schießen bei dem Lärmen kaum gehört. Sturm habe er einmal läuten hören.
Wo er sich aufgehalten, als geschossen wurde, und wer damals bei ihm gestanden? Er sei auf der großen Brücke, die über die Enz gehe, gestanden, ob seine Kameraden bei ihm gewesen, daran könne er sich nicht erinnern, es habe bei dem Lärmen keiner auf den anderen gesehen.
Und nun hält man dem Jägerburschen vor: Er werde selbst beschuldigt, unter die Bauern geschossen zu haben, und es sei ein Zeuge vorhanden, welcher mit einem Eid beschwören wollte, dass er neben ihm gestanden, als er geschossen habe. Melter entgegnet: Das sei in Ewigkeit nicht wahr, er habe ja zu keiner Partei gehört, und wenn er sich für eine Partei erklärt hätte, dann wären es die Nieferner gewesen, unter denen er Freunde habe. Er wisse wohl, dass man ihn auch beschuldigt habe, Schrot unter die Pforzheimer ausgeteilt zu haben, aber das sei auch nicht wahr. Man wisse ja wohl, dass die Jäger, wenn sie ihrer Pflicht nachgingen, unter den Bauern viele Feinde hätten. Es sei, als wenn es eine Vorsehung gewesen, dass er an selbigem Tag nicht einmal einen Schuss Schrot bei sich gehabt habe. Sein Vetter Christian habe im Wald zu ihm gesagt, sie wollten wilde Tauben schießen, und er habe erwidert, dass er sich beinahe schämen müsse zu sagen, dass er keine Schrotkugeln bei sich habe. Die Schrotkugeln seien ihm damals ausgegangen, und er könne nicht immer nach Pforzheim gehen, um solche zu holen.
Was er damals für Kleidung angehabt habe ? Er sei so angekleidet gewesen, wie er ungefähr jetzt da stehe, dass er aber den nämlichen Rock angehabt, wisse er nicht. (Der Jägerbursche trug bei seinem heutigen Erscheinen einen langen Rock.)
Am 26. März 1805 stellte man den Jägerburschen Melter dem Fuhrknecht Knäusle gegenüber. Knäusle sagte dem Melter ins Gesicht, dass er derjenige sei, neben dem er in Niefern gestanden, als er mit seiner Flinte unter die Bauern geschossen habe. Melter aber beteuerte seine Unschuld aufs höchste und bestand hartnäckig darauf, dass er nicht geschossen habe. Endlich fing er an zu weinen. Der Widerspruch blieb bestehen.
Um die Aussage des Fuhrknechts Knäusle zu überprüfen, wurden in den nächsten Tagen folgende Personen zur Befragung vorgeladen
1. Der Kronenwirt Ferdinand Wagner, in dessen Wirtsstube der Knäusle sich geäußert hatte.
2. Johann Michael Rohrer aus Wöringen bei Sulz am Neckar, Fuhrknecht bei dem Ratsherrn Aab, der zusammen mit Knäusle in Niefern war.
3. Weidgesell Johann Georg Mürrle von Eutingen, der den Jägerburschen Melter an jenem Sonntag begleitete.
4. Christian Melter, Küferknecht, Sohn des Försters Melter von Eutingen, der ebenfalls den Jägerburschen Melter begleitet hatte. Diesen konnte man nicht vernehmen, weil er sich inzwischen auf Wanderschaft begeben hatte.
Der Kronenwirt bestätigte, dass vor vier oder fünf Wochen der Knäusle am Vormittag um 11 Uhr in seine Wirtsstube gekommen und ein oder zwei Schoppen Wein getrunken habe. Sie seien allein in der Stube gewesen, und da sei die Rede auf die Geschichte in Niefern gekommen und darauf, dass die Jäger so hart bestraft wurden. Der Knäusle habe ihm eröffnet, er habe schon von Anfang an dem Carl Beckh gesagt, dass der Jägerbursche von Eutingen geschossen habe, und dass er einige Schritte neben ihm gestanden sei
Der Fuhrknecht Rohrer sagt, er habe gar nicht schießen hören, weil er erst später dazu gekommen sei. Er habe auch weder von Knäusle, noch von anderen gehört, wer geschossen habe. Den Jägerburschen aus Eutingen kenne er, den habe er schon öfters im Wald gesehen, aber nicht damals in Niefern.
Der Weidgesell Mürrle kann etwas mehr erzählen. Mit der Familie Melter sei er weiter nicht verwandt, nur die Frau des Försters sei eine weitläufige Verwandte von ihm. Ja, er sie bei den Händeln in Niefern dabei gewesen, zuerst sei er auf der kleinen Brücke gestanden, dann sei er auf die große Brücke und von dort den Händeln zugesehen. Er sei mit dem Carl und dem Christian Melter an die Grenze gegangen, weil sich am Sonntag manchmal Wilderer zeigten, und sie hätten dann über Niefern nach Hause gewollt. Dort hätten sie die Jäger aus Pforzheim lustig angetroffen, wie sie gerade dabei waren, auszurücken. Als diese abmarschiert, seien sie hinter ihnen drein gegangen. Auf der großen Brücke hätten sie sich umgesehen und bemerkt, dass auf der kleinen Brücke ein Tumult entstanden. Dann seien die Händel angegangen. Nach deren Beendigung seien sie ins Lammwirtshaus hinein gegangen, um zu sehen, wer verwundet worden sei. Sie hätten sich dort ungefähr eine halbe Viertelstunde aufgehalten, weil die Nacht herein gebrochen sei.
Auf weitere Befragung gab er an: Der Jägerbursche Melter und er hätten eine Flinte bei sich gehabt. Den ganzen Tag hätten sie aber nicht geschossen. Er erinnere sich nicht, dass vom Taubenschießen die Rede gewesen sei. Aber weil sie kein Feuer zum Tabakrauchen bei sich gehabt, hätten sie auf der Flinte des Jägerburschen Melter Feuer geschlagen; dieser habe kein Pulver auf der Zündpfanne gehabt.
Als man ihm vorhielt, es sei doch unwahrscheinlich, dass ein Jäger, wenn er einen Wilderer zu erwischen gedenke, kein Pulver und Blei bei sich habe, antwortete er, man brauche nicht allemal Pulver und Blei bei sich haben; denn manchmal begegneten einem nur Bauern auf der Weide.
Am 9. April las man dem Knäusle seine Aussagen nocheinmal langsam und deutlich vor , nachdem man ihn vor einem Meineid gewarnt hatte. Knäusle erklärte, dass er den Inhalt des Protokolls durchaus bestätige, mit der einzigen Ausnahme, dass er sich an die Kleidung des Jägerburschen nicht mehr genau erinnern könne. Darauf nahm man ihm den feierlichen Zeugeneid ab. Dabei behauptete Melter, dass Knäusle einen falschen Eid schwöre, und dass er durchaus unschuldig sei. Er habe an jenem Tag zwar Pulver, aber kein Schrot bei sich gehabt.
Etwa zwei Wochen später fällt dem Jägerburschen Melter etwas ein, womit er seine Unschuld beweisen könne. Damals nämlich, als die Händel am ärgsten gewesen, sei einer vom Jägercorps zu ihm gekommen und habe gesagt, er habe noch 50 Schrote in der Flinte, und wenn die Bauern nicht bald Ruhe gäben, würde er unter sie schießen. Als man fragte, warum er diese Anzeige nicht schon früher gemacht hätte, antwortete er, daran habe er sich nicht gleich erinnert. Und er habe zu dem Jäger gesagt, das solle er unterlassen, das könne keine guten Folgen bringen.
Kugelbüchsen oder Schrotflinten ?
Da auch die Vorgesetzten von Niefern angezeigt hatten, der Friedrich Kretz und der Johannes Weeber hätten gesehen, dass nicht alle Pforzheimer Jäger Kugelbüchsen, sondern zum Teil auch Schrotflinten mit sich geführt hätten, als sie vom Floß an Land stiegen, so musste diese Sache gründlich untersucht werde.
Auf Vorladung erschienen am 29. April 1805 der Zimmermann Friedrich Kretz und der Weidgesell Johannes Weeber aus Niefern. Kretz berichtete: Als die Jäger vom Floß an Land gestiegen, habe er so nahe bei ihnen gestanden, dass er genau habe bemerken können, mit welcher Art von Gewehr sie bewaffnet gewesen. Er habe ihre Gewehre genau unterschieden, es wären größtenteils Büchsen gewesen, zwei oder drei hätten aber Schrotflinten gehabt. Als die Jäger ausgestiegen, hätten sie sich in Ordnung aufgestellt und ihre Gewehre abgefeuert. Er wisse sehr wohl, eine Flinte von einer Büchse zu unterscheiden, da er von Jugend auf viel mit Gewehren umgegangen und oft mit den Jägern in den Wald gekommen sei. Übrigens würden es noch mehr Nieferner bezeugen können, dass einige der Jäger Schrotflinten mit sich geführt, er erinnere sich an den Schreiner Gräßle und den Georg Bauer, die neben ihm gestanden.
Weeber erklärte: Auch er sei ganz nahe bei den Jägern gestanden, als diese an Land stiegen, und er habe sogleich zu dem Kretz, der neben ihm stand, die Bemerkung gemacht, dass einige von den Jägern Flinten bei sich hätten. Er habe sich nicht irren können, denn die Flinten seien im Gegensatz zu den Büchsen nur halb geschifftet gewesen.
Am 2. Mai 1805 erscheint auf Vorladung Herr Graveur Mahler, dem man eröffnete, dass einige Jäger damals offenbar Flinten mit sich geführt hätten. Dagegen verwahrt sich Mahler energisch: Erstens sei die ganze Einwohnerschaft von Niefern damals gegen sie aufgestanden, deshalb gehörten sie zu den streitenden Parteien und könnten nicht als Zeugen aussagen. Zweitens müsse er besonders den Weidgesellen Weeber als Zeugen ablehnen, da dieser während der Händel selbst mit einer Flinte herumgegangen und sich auch bei seinem Bruder in dem Zimmer der Lammwirtshauses aufgehalten hätte, aus dem auf Huttenloch geschossen worden sei. Herr Krenkel könne auch bezeugen, dass dieser Weidgeselle während der Händel geäußert habe, nun könne er nicht mehr länger zusehen, er wolle nun auch hinunter und dreinhauen. Drittens, als das Jägercorps in Niefern angekommen, habe er noch einmal Inspektion gehalten und dabei sei ihm keine Flinte zu Gesicht gekommen. Überhaupt werde im Corps nicht geduldet, dass Jäger Flinten tragen. Der Stadtsoldat Huber, der auf dem Floß mitgefahren ist und für die Jäger Platzpatronen gemacht hat, sagt ebenfalls aus, er habe keine Flinte bei den Jägern gesehen; und so lange er das Corps bei seinen Auszügen bediene, habe er noch nie eine Flinte bei ihnen gesehen, sie hätten immer nur gewöhnliche Kugelbüchsen gehabt, das könne er mit gutem Gewissen behaupten.
Das Kurfürstliche Forstamt stellt dem Jägerburschen Carl Friedrich Melter ein gutes Leumundszeugnis aus: Melter ist seit 1 ½ Jahren bei seinem Onkel, dem Förster Melter zu Eutingen, in Dienst. Er hat sich in dieser Zeit ganz untadelhaft aufgeführt, ist still und bescheiden in seinem Betragen und weder händelsüchtig noch dem Trunk ergeben, welches wir hiermit in Freundschaft erwidern.
Von Neubronn, Braunstein
Der Jägerbursche Melter dagegen erzählt nun überall herum, der Fuhrknecht Knäusle sei kein vollgültiger Zeuge, weil er ein Mensch von schlechtem Ruf sei, dessen Vater auch schon im Zuchthaus gesessen. Übrigens fällt ihm am 31. Mai 1805 noch etwas ein, was zu seiner Entlastung dienen könnte und woran er nicht mehr gedacht hätte. Er macht nämlich folgende Aussage: Er habe nunmehr einen Beweis aufgefunden, dessen er sich anfangs nicht gleich erinnert hätte, der nun aber seiner gänzlichen Rechtfertigung dienen werde. Nämlich an jenem Nachmittag, als die Händel in Niefern vorgefallen , sei er mit seinem Vetter Christian Melter und dem Weidgesellen Mürrle von Eutingen im Hagelschieß [Hagenschieß-Wald] gewesen, und sie seien auch in den ¼ Stund entfernten Ort Öschelbronn gegangen, wo sie bei dem dortigen Bürger Andreas Kolb eingekehrt seien, weil dieser sie zu Kirschen eingeladen hätte, und sie früher einmal schon bei ihm übernachtet hätten. Hier im Haus des Kolb und in Gegenwart seiner Frauen habe ihn sein Vetter Christian damit aufgezogen, dass er als ein Jäger nicht einmal Schrot bei sich habe, gegen welchen er sich dann der Ausrede bedient habe, dass er seine Schrote zu Hause haben liegen lassen. In voriger Woche sei er nun dem Kolb auf den Hagelschießwiesen begegnet, und dieser habe zu ihm gesagt, er habe gehört, dass er, der Melter, wegen der Nieferner Schlaghändel ebenfalls vor das Oberamt zur Untersuchung gezogen worden sei; und ob er denn nicht dort angegeben habe, dass er nicht einmal Schrot bei sich gehabt habe und ihn sein Vetter deswegen aufgezogen habe. Er und seine Frau könnten dies vor dem Oberamt bezeugen.
31. Mai 1805. Andreas Kolb von Öschelbronn, 50 Jahre alt, und seine Ehefrau bestätigen den Bericht des Melter. Die Jägerburschen seien in sein Haus gekommen und hätten Kirschen gegessen. Bis gegen 6 Uhr hätten sie sich hier aufgehalten und dann gesagt, sie wollten über Niefern nach Haus gehen. Er, Kolb, habe darauf gesagt, dem Jäger gebühre es, durch den Wald zu gehen, worauf entweder der Mürrle oder der Christian Melter gesagt habe, was sie denn im Wald tun sollten, sie hätten ja weder Pulver noch Blei bei sich. Sie hätten darüber angefangen zu lachen, weil sie gemerkt hätten, dass dies auf den Jägerburschen Melter gesagt worden, und er selber habe den Melter aufgezogen und zu ihm gesagt, es sei doch schlecht für einen Jäger, wenn er kein Pulver und Blei bei sich habe. Melter habe darauf erwidert, weil er gerade als er von dem Weidgesellen Mürrle und von seinem Vetter abgerufen worden, an seiner Flinte geputzt habe und in der Eile vergessen, Pulver und Blei mitzunehmen. Daraufhin seien die Jäger fort und er habe sie ein Stück Wegs begleitet. Als es Sturm geläutet habe, sei man in Öschelbronn der Meinung gewesen, dass es in Niefern brennen müsse, weswegen mehrere Leute von Öschelbronn nach Niefern, welches nur ½ Stunde entfernt, geloffen seien. Des Abends, ungefähr nach 9 Uhr, sei eines seiner Kinder gekommen und habe gesagt, der Jägerbursche, welcher heute bei ihnen gewesen, solle in Niefern geschossen haben. Darauf sei ein anderes seiner Kinder gekommen und habe gesagt, der Jägerbursche solle nicht geschossen haben, sondern nur Schrot unter die Jäger ausgeteilt haben. Seine Kinder hätten dies von Öschelbronnern, die von Niefern zurückgekommen seien, gehört, sie selbst seien nicht dort gewesen. Er habe sich sehr gewundert und gesagt, das könne ja gar nicht möglich sein, denn der Jägerbursche habe kein Schrot bei sich gehabt.
Die Ehefrau des Kolb, 43 Jahre alt, bestätigt die Aussage ihres Mannes in allen Einzelheiten. Auch der Weidgeselle Mürrle aus Eutingen erzählt ebenfalls die Geschichte, wie sie den Weidgesellen Melter im Hause des Kolb aufgezogen hätte, weil er kein Pulver und kein Blei dabei gehabt hätte.
Schießversuche
Die Untersuchungsbehörde veranlasste nun, Schießversuche durchzuführen. Dazu ließ sie einen Plan von der Umgebung des Lammwirtshauses anfertigen und darauf alle Stellen kennzeichnen, an denen Einwohner von Niefern durch Schrot verwundet worden waren. Dann maß man die Entfernung von der Stelle, von welcher der Jägerbursche Melter angeblich geschossen hatte, bis zu der Stelle, wo Huttenloch die Schrotkugeln erhalten hatte. Sodann heftete man einen Bogen Papier an ein Scheunentor und schoss darauf, zuerst aus zwei verschiedenen Büchsen des Jägercorps mit gezogenem Lauf, sodann mit der Flinte des Melter, immer mit der gleichen Schrotladung.
Man stellte anschließend fest: Von den Schrotladungen, die aus den Büchsen abgeschossen wurden, erreichten nur 2 oder 3 Kugeln das Ziel, die übrigen zerstreuten sich über das ganze Scheunentor im Abstand von 6 bis 10 Schuh [1,80 bis 3,00m]. Dagegen von der Schrotladungen, die aus der Flinte abgeschossen wurden, fielen einmal 9, dann 15 und dann sogar 25 Kugeln auf das Papier. [Eine Schrotladung bestand aus ungefähr 50 Schrotkugeln.] Aus diesen Versuchen schien zu erhellen, dass Huttenloch durch einen Schrotschuss aus einer gezogenen Büchse nicht 9 Schusswunden erhalten haben konnte, sondern dass seine Verwundung nur durch einen Flintenschuss geschehen sein konnte.
Mit diesem Ergebnis gaben sich die Fachleute von der Forstverwaltung nicht zufrieden. Sie stellten fest: es gibt dreierlei Arten von Büchsen:
1. Glattbüchsen, deren Lauf nicht gezogen ist.
2. Gerade gezogene Büchsen, in welchen die Züge von dem Pulverfass bis an die Mündung in gerader Linie verlaufen.
3. Krumm gezogene Büchsen, in welchen die Züge schneckenförmig verlaufen, und das sind die eigentlich wahren Büchsen.
Ebenso merklich ist der Unterschied zwischen den Flinten:
1. Einige haben gerade Züge von oben oder von unten bis zur Hälfte des Laufes.
2. Die meisten Flinten aber haben gar keine Züge, sondern der Lauf ist inwendig ganz glatt.
Darum hielt man es für erforderlich, neue Schießversuche mit verschiedenen Sorten von Büchsen und Flinten anzustellen. Dies geschah in Niefern am 13. Juli 1805.
Schussweite 5 Ruthen und 6 Schuh [ca. 25 m].
Es wurden jeweils drei Schüsse abgegeben, mit Schrotladungen zu 50, 60, 70 Schroten.
1. Büchse mit einem krumm gezogenen Lauf: Treffer 2, 3, 3 Schrotkugeln.
2. Büchse mit einem glatten Lauf: Treffer 37, 41, 51 Schrotkugeln.
3. Ordinäre Jagdflinte: Treffer 33, 24, 24 Schrotkugeln.
4. Flinte mit einer gerade gezogenem Lauf: Treffer 30, 44, 34 Schrotkugeln.
Schussweite 7 Ruthen [ca. 32m].
Wieder wurden aus jedem Gewehr drei Schüsse abgegeben mit Schrotladungen zu 50, 60, 70 Schroten.
1. Krumm gezogene Büchse (Büchse von Carl Beckh): Treffer 1, 1, 8 Schrotkugeln.
2. Glattbüchse: Treffer 22, 30, 35 Schrotkugeln.
3. Ordinäre Jagdflinte: Treffer 27, 18, 34 Schrotkugeln.
4. Ganz gerade gezogene Flinte: Treffer 18, 20, 27 Schrotkugeln.
5. Halb gezogene Flinte: Treffer 11, 24, 22 Schrotkugeln.
6. Krumm gezogene Flinte des Försters Reiss zu Niefern: Treffer 2, 7, 5 Schrotkugeln.
Die Richtigkeit bezeugen urkundlich :
Braunstein, Forstverwalter
Von Beust, Amtsassessor
Förster Reiss
Grenzjäger Wagner
Büchsenmacher Welcker
[Aus diesen Versuchen ging hervor, dass der Schuss auf Huttenloch aus einer Glattbüchse oder aus einer Flinte gekommen ist. Wer den Schuss abgegeben hat, bleibt weiterhin ungewiss. Der Carl Beck ist es jedenfalls nicht gewesen.]
Verteidigung des Jägercorps im Mai 1805 und neue Vernehmungen
Die Offiziere des bürgerlichen Jägercorps, die Herren Mahler und Geiger, wollten die Schande auf sich und ihren Leuten nicht sitzen lassen. Sie versuchten mit allen Mitteln, sich zu rechtfertigen und alle Schuld am unglücklichen Ausgang jener Floßfahrt den Nieferner Bauern zuzuschieben. Zu diesem Zweck verfassten sie ein umfangreiches Schreiben an das Badische Hofgericht, in dem sie unter anderem ausführten:
Es sei ihnen daran gelegen, das Churfürstliche Hofgericht zu überzeugen, dass die Scharfschützen-Compagnie niemals auf gutes und anständiges Betragen verzichtet habe. Das Zurückeilen der Jäger sei Notwehr gewesen, da mehrere hochschwangere Weiber, sowie Väter, Brüder und Schwestern im Ort zurückgeblieben waren. Die Nieferner Bauern sollten veranlasst werden, sich in ihrem Sonntags-Habit aufzustellen, um in der Gegenüberstellung mit den Jägern die Hauptschläger zu ermitteln. Es folgten 29 „Beweisartikel“, die alle so begannen: „Wahr dass ...“, die aber längst Bekanntes wiederholten und keine neuen Erkenntnisse brachten.
Das Geschwätz der Leute in den Wirtsstuben hörte nicht auf und förderte neue Einzelheiten zu Tage, so dass sich die Behörde veranlasst sah, weitere Vernehmungen anzuordnen. So wollte der Küferknecht Philipp Leist, der an jenem Sonntag mit seinem Meister im „Lamm“ eingekehrt war, gehört haben, wie mehrere Nieferner Bauern zueinander sagten: „Die grünen Federbüsche wollen wir diesmal recht heimschicken!“ Daraus gehe hervor, dass die Bauern von Anfang an die Absicht hatten, Händel anzufangen.
Allerdings konnte dieser Küferknecht nicht vernommen werden, weil er inzwischen in die Schweiz nach Zürich gezogen war. Das Oberamt Pforzheim bat den Bürgermeister und Rat der eidgenössischen Stadt um Amtshilfe. Leider konnte der Gesuchte nicht ausfindig gemacht werden. Sein Meister aber, der Küfer Carl Mößner, bestätigte die Aussage seines ehemaligen Knechts. Sie seien damals mit den Jägern auf dem Floß gefahren, er habe den Wein ausgeschenkt, den der Herr Wenz gestiftet hatte. Als er mit seinem Knecht im Lammwirtshaus die Treppe hinauf in das obere Stockwerk gehen wollte, seien eine Menge Bauern an der Treppe versammelt gewesen, und einer hätte gesagt: „Die grünen Federbüschle sind auch wieder da, wir wollen sie aber diesmal heimschicken.“ Weil er nun aus diesen Reden geschlossen habe, dass die Bauern vermutlich mit den Jägern Streit anfangen würden, habe er zu seinem Küferknecht gesagt, sie wollten lieber nach Eutingen gehen und dort vier statt zwei Schoppen trinken, das sei besser, als wenn sie in Händel verwickelt würden. Und deswegen seien sie fort nach Eutingen.
Auch eine andere Geschichte ließ die Nieferner in einem schlechten Licht erscheinen. Johannes Deimling, 25 Jahre alt, lediger Bürgersohn aus Pforzheim, berichtete: Er und der Christoph Hüttinger hätten von der oberen Stube des Wirtshauses aus den Beginn der Schlägerei beobachtet. Als sie später aus dem „Lamm“ heraus auf die Mühlbrücke kamen, habe ihnen ein Bauer eine Samtkappe aufdrängen wollen. Als sie sagten, sie hätten es nicht nötig, diese Kappe zu kaufen, seien sie von vielen, zum Teil mit Prügeln bewaffneten Bauern umringt worden. Und gewiss hätten sie Schläge bekommen, wenn sie den Bauern Gegenrede gegeben hätten.
Der Zirkelschmied Christoph Güttinger bestätigt diese Geschichte und fügt hinzu, ein entsetzlicher Steinregen sei auf die Pforzheimer, die vor dem Wirtshaus standen und unter denen sich größtenteils Frauenzimmer befanden, gefallen, und zwar so, dass sie sich kaum noch in das Haus zurückziehen konnten. Dies sei um so abscheulicher gewesen, als diese Pforzheimer ruhig den Händeln zugesehen und nicht den geringsten Anlass dazu gegeben hätten.
Sogar eine Nieferner Bürger wird als Zeuge für die Unschuld der Jäger und der Umsicht ihres ersten Offiziers vorgeladen. Der 55-jährige Jakob Fuchs war an jenem Sonntag ebenfalls auf dem Floß mitgefahren. Nach der Ankunft in Niefern sei er nach Hause gegangen. Er sei gerade beim Schloss gewesen, als es anfing Sturm zu läuten. Daraufhin sei er die Wiesen hinauf bis zur Mühlbachbrücke, da seien die Händel schon beinahe beendigt gewesen. Keine fünf Schritte von Herrn Mahler entfernt habe er gehört, wie dieser zu einem Jäger sagte: „Höre, hat er seine Flinte noch geladen?“ Und er habe ihm die Flinte aus der Hand genommen, habe sie untersucht und gesagt, sie sei blind geladen [ohne Blei], sei dann etliche Schritte gegen das Wasser gegangen und habe das Gewehr gegen das Wasser abgefeuert. Herr Mahler habe nicht einmal, sondern mindestens zehnmal gesagt, es solle keiner laden.
Er glaube, dass es dabei geblieben wäre, wenn es nicht plötzlich zum zweiten Mal Sturm geläutet hätte. Darauf sei der ganze Ort zusammengeloffen, und besonders aus den Gärten am Mühlbach sei ein fürchterlicher Stein- und Prügelregen auf die Jäger gefallen, und darauf habe Herr Mahler seine Leute nicht mehr zurückhalten können, darauf könne er zehn körperliche Eide schwören. Herr Mahler sei von einem faustgroßen Stein auf die Brust getroffen worden. Er habe das Gewehr, das er zuvor dem Jäger abgenommen, gegen die Nieferner angelegt, aber nur, um sie zu erschrecken, und habe ihnen zugerufen, sie sollten zurückgehen, aber das habe nichts gefruchtet. Als die Nieferner immer heftiger stürmten, habe er auf sie angelegt, als ob er schießen wollte, und habe gerufen: „Ihr Tausend-Sapperlot, wer will denn euch was tun, wenn ihr ruhig seid!“ Herr Mahler habe sich ganz gelassen verhalten er habe niemand beleidigt, sondern sei immer nur beflissen gewesen, Unglück zu verhindern, wodurch er selbst in Lebensgefahr gekommen sei.
Der Bruder des Adlerwirts Lienhard Geiger, der Bijoutier-Fabrikant Ernst Geiger, belastet mit seiner Aussage nocheinmal den Schultheißen Hofsäß von Niefern. Er hatte zunächst die Händel aus einem Fenster im oberen Stock des Lammwirtshauses beobachtet. Als das Werfen mit Steinen und Prügeln angefangen, und er in der Menge einige von seinen Bekannten erblickte, eilte er hinunter, um sie aus dem Tumult herauszuholen. Dabei erhielt er einen Steinwurf an den linken Fuß, so dass er sich nur mit Mühe hinter eine Chaise vor dem „Lamm“, an welcher alle Fenster eingeworfen, zurückziehen konnte. Der Schultheiß habe dem allem unter der Tür des Lammwirtshauses ruhig zugesehen, und als er ihn gebeten habe, um Gottes Willen diesem Unheil zu wehren, habe dieser nur geantwortet, das könne er nicht. Nun habe er sich in den Stall begeben, um sein Pferd heraus zu führen, und da habe man den Zeh für tot ins Haus getragen. Er wäre dann mit Johann Deimling und dem Commis des Herrn Benckiser eiligst davon geritten. Dabei hätten sie nicht den gewöhnlichen Weg durchs Dorf nehmen können, sondern sie hätten sich über die Eutinger Wiesen davongemacht.
Bittgesuche der verurteilten Jäger und Flößer
Nachdem die Urteile gegen die Jäger und Flößer bekannt gegeben waren, versuchten etliche von ihnen, durch Bittschriften an das Hofgericht eine Milderung zu erreichen. Sie stellten die Ereignisse aus ihrer Sicht dar. Einige dieser Bittschreiben werden hier wörtlich, aber in gekürzter Form wiedergegeben.
Bittgesuch des Carl Ehrhardt
Als die Jäger-Compagnie von Niefern abging, wollte ich mich wegen der Gewalt, die der Oberjäger Lenz (gegen mich) gebrauchte, bei dem Commandierenden, Herrn Mahler, beschweren. [Lenz hatte versucht, den betrunkenen Ehrhard mit Gewalt aus dem Wirtshaus heraus zu holen.], und eilte, ich gestehe es, im Wein-Taumel unter lautem Nachrufen den abmarschierenden Jägern nach. Die Compagnie ist aber schon zu weit entfernt gewesen, als dass mich jemand hätte hören können. Der Oberjäger folgte mir schnell nach, und auf der Brücke außer dem Dorf wurde ich von Bauern angefallen, ausgetrillert und herumgestoßen. Das weiß ich mich noch zu erinnern, dass die Bauern sagten: „Das ist einer von den lausigen Jägern.“ Der Oberjäger Lenz nahm mir Ober- und Untergewehr ab, und ich wurde ordentlich von vielen Bauern durch die Gassen gejagt. Im Taumel und in Angst ging ich statt Pforzheim, Enzberg zu. Ich habe keinen zu beleidigen wagen, noch weniger angreifen wollen noch können, indem die Brücke so voll von Bauern war, dass ich das Gewehr nicht hätte herauf bringen können. Dass ich daher unschuldig bin, und dass die Nieferner auf mich geschlagen haben, wird nicht bezweifelt werden. Wenn die Pforzheimer die Nieferner, die öfters betrunken und meistens tobend zum Tor hinaus turmeln, nicht mit Turmstrafen verschonen wollten, so dürften alle Woche vier Amtstage weiter gehalten werden. Weiter weiß ich nichts, kann auch nichts wissen. Ich bitte daher, mich nicht wegen dem, dass ich mich beim Wein zu viel aufhielt, weiter zu bestrafen, indem ich schon gestraft bin. Ich sehe der gerichtlichen Rücknahme des Decrets entgegen und ersterbe des Kurfürstlichen Oberamts untertänigster Diener.
Pforzheim, den 8. Junius 1805 Carl Ehrhardt, Bijoutier
Bittgesuch des Johann Michael Katz
Dass wir ruhig nach Niefern kamen, uns ruhig dort 2 ½ Stunden aufgehalten und dann ebenso wieder abgezogen sind, ist hinlänglich gesagt und erwiesen worden. Ich war schon weit mit den übrigen Jägern von Niefern entfernt und beinahe an der Chaussee, die von Eutingen nach Enzberg führt, als hinter uns um Hilfe gerufen wurde mit dem Bemerken, dass die Bauern in Niefern alles zusammenschlagen. Meine damals hochschwangere Frau, meine Schwester und mein Bruder waren noch in Niefern. Ich eilte als Vater und Bruder mit meinen Kameraden dem Tumult zu und sah, dass ein schreckliches Durcheinander im Dorf war. Ehe wir an die Mühlbrücke kamen, wurden wir von unseren Offizieren eingeholt, Herr Mahler verbot uns ganz außer Atem, dass wir nicht weiter vorwärts gehen und uns nicht in die ausgebrochen Händel mischen sollten. Wie schwer es mir fiel, stehen bleiben zu müssen, kann das Vater- und Bruderherz beantworten, besonders da im Dorfe beständig um Hilfe gerufen wurde und ich deutlich hören musste, dass sie alles niederschlagen, was von Pforzheim ist. Wie mein Herz blutete, kann ich in Worten nicht ausdrücken, und wie eine Hagelwolke fielen Steine und Prügel auf uns, während wir noch auf der Brücke standen. So bald ich Luft fand, sprang ich meiner Frau und Geschwister zu. Von einer Rotte von 12 bis 15 Bauern wurde ich mit Heugabeln, Ochsendeichseln, Wiesbäumen, Prügeln und Steinen, kurz mit lauter tödlichen Instrumenten angefallen, und ich wäre gewiss ein Opfer der Bauern geworden und hätte Frau und Geschwister nie mehr gesehen, wenn nicht mein Gesell und einige Freunde mich gerettet hätten, nachdem mir ein Bauer einen Streich mit einem Wiesbaum über den Kopf gegeben hatte. Man denke sich den Schrecken meiner Frau, die dem ganzen Angriff der Bauern gegen mich aus dem Wirtshaus zum Lamm zusah. Man legte mich an der Brücke nieder, und ich erholte mich von der ausgestandenen Lebensgefahr. Sailer Lutz und mehrere Freunde führten mich abwechselnd weiter, und es brauchte keine halbe Stunde, bis auch die Chaise kam. Meine Frau fand Gelegenheit, fortzukommen und traf mich noch an der Brücke sitzen an.
Niemand klagt über mich, dass ich ihm etwas zu leid getan habe, doch soll ich entehrend gestraft werden, und niemand kann mir sagen, warum. Das kann ich von meiner hohen Behörde nicht glauben, sehe daher der Rücknahme jenes Decrets, das mich verurteilte, entgegen und verharre mit vollkommenster Hochachtung. J.M. Katz
Bittgesuch des Carl Beckh
Auch er schildert zunächst die fröhliche Floßfahrt und den friedlichen Aufenthalt im Wirtshaus, wo jeder zwei bis drei Schoppen Wein getrunken habe (das sind immerhin drei Viertel bis ein Liter), bis um 7 Uhr der Befehl zum Abmarsch gegeben wurde.
Mit viel Mühe kamen wir über die von 30 Bauern besetzte Brücke und gingen unsern Weg, ungeachtet einiger gröblicher Ausdrücke der Bauern. Als wir beinahe an der Chaussee waren, wurde um Hilfe gerufen. Als wir uns umsahen, erblickten wir bei der Mühlbrücke einen großen Haufen Menschen. Da sprang ein Mann zu uns und bat uns um Gottes Willen um Hilfe. Unsere Offiziere gaben uns den Befehl, hier zu bleiben. Da alle meine Kameraden dem Streit zu eilten und ich meinen Bruder und mehrere Jugendfreunde und Anverwandte zurückgelassen hatte, überfiel mich Besorgnis, mein Bruder, der ohnehin beständig kränklich war, möchte unglücklich werden. Und ich kam mit den anderen Jägern an die Mühlbrücke, wo plötzlich unser Offizier uns ein Halt zurief, außer Atem den Säbel zog und uns unter allerlei Drohungen verbot, weiter vor zu gehen. Wir blieben auch stehen und würden nie daran gedacht haben, gegen den Befehl zu handeln, wenn wir nicht mit einem Stein- und Prügelregen von den Bauern angefallen worden wären und wenn nicht ein entsetzliches Jammergeschrei uns zu Ohren gekommen wäre. Und da endlich ein Mädchen aus dem Dorf heraus gesprungen kam und um Gottes Willen um Hilfe bat, indem der Stahlarbeiter Zeh totgeschlagen worden sei, sind mehrere Jäger vorgedrungen. Ich aber bin bei dem erhaltenen Befehl geblieben, bis ich mit Steinen und Prügeln von ungefähr 20 Bauern angefallen wurde. Ich hörte deutlich, dass sie sagten, wir wollen sie totschlagen, und ich und meine Kameraden wären das Opfer ihres Vorhabens geworden, wenn ich nicht mit meinem ungeladenen Gewehr (auf sie) angeschlagen hätte. Meinen Bruder fand ich zu meiner Freude unbeschadet, den Zeh aber anscheinend tot auf dem Boden liegend.
Dass ich ohne Schuld von den Bauern angegriffen, niedergeschlagen und durch einen Steinwurf auf die Stirn, welcher mir die Sinne raubte oder sogar mich hätte töten können, blessiert worden bin, diesem allem hat der Nieferner Hofsäß ruhig und schadenfroh zugesehen. Während ich auf die unschuldigste Art angegriffen und beinahe gemordet wurde, wurde mir mein Gewehr genommen, welches sehr ungeschickt und von der Bosheit der Bauern geladen, den anderen Tag wieder zum Vorschein kam. Hinzu kommt noch, dass ein (Mann), ich glaube, er heißt Mezger, einer der berüchtigsten, bösartigsten Männer, mein Gewehr hatte und angab, der Schütz von Niefern hätte dasselbe ins Wasser geworfen und er habe es daraus gezogen. Ohne den geringsten Beweis hat einer von den beiden das Gewehr zu Hause geladen, um den Verdacht auf mich zu werfen. Der berüchtigte und niederträchtige Mezger , den das hiesige Oberamt genau kennt, hat die Büchse mit einer fremden, nicht dazu gehörenden Kugel geladen. Wenn er eine von den drei im Schaft befindlichen Kugeln genommen hätte, so hätte er sie ohne Mühe bis hinunter gebracht. Als er beim Hin- und Herrütteln (des Gewehres) merkte, dass etwas im Schaft sein müsse, hat er ihn eröffnet und eine Kugel davon zur Krönung seines Vorhabens , mich ins Unglück zu bringen, weg getan.
Wer in aller Welt kann auf den Einfall kommen, dass ich als Scheibenschütze selbst so elend geladen habe, wer nur denken dass ich mich selbst durch eine solche Ladung zu verstümmeln im Sinne hatte. Denn bekanntlich ist der Schütze unglücklich, dessen Kugel (im Lauf) nicht aufsitzt, indem das beste Gewehr bei einem solchen Schuss zerspringt und seinen Eigentümer zum Krüppel macht. Dies wissen alle Schützen und dies wurde uns allen durch den Schützenmeister auf dem Schießhaus gesagt.
Richtig und erwiesen ist es, dass man mit einer Büchse nicht 13 Schrote auf einen Bogen Papier schießen kann, und ich den Huttenloch nicht blessiert habe. Da ich aber weder mit Kugeln noch mit Schrot geladen habe, und ich das Opfer der schändlichen Bosheit eines äußerst gefährlichen Mannes bin, so bitte ich, diesen berüchtigten größten Schläger nicht nur meinetwegen, sondern auch wegen dem vielen angestifteten Bösen in Untersuchung zu nehmen und nach Erfund zu strafen. Wer Gefühl hat, der trete hierher und höre, wie weit Bauern gesunken sind; sie verwundeten mich, schleppten mich in Arrest und wollten mich in der Nacht, da ich wehrlos und ohne Hilfe war, ermorden. Und (solches) geschieht in Algier nicht.
Milderung der Strafe des Flößers Johann Georg Aab
Die vierwöchige Arbeitshausstrafe [Zuchthausstrafe] des jungen Flößers Johann Georg Aab war durch das großherzogliche Hofgericht in eine ebenso lange Turmstrafe [Gefängnisstrafe] umgewandelte worden. Wir dürfen annehmen, dass sein Bittgesuch durch seinen Vater, den alten Flößer Aab unterstützt wurde. Als der junge Flößer Anfang März 1806 die Strafe antreten sollte, war er nicht in Pforzheim, sondern nach der Angabe seiner Mutter in Flößereigeschäften in der Gegend von Kehl. Von dort sollte er erst gegen Ostern wieder zurückkommen. Aber erst Ende Oktober kam er zurück Man ließ ihn vorladen, um die Turmstrafe vollziehen zu lassen. Nun erschien der Vater des Aab und bat, dass man mit der Vollziehung der Strafe noch 14 Tage zuwarten möchte, da er seinen Sohn wegen Scheiterholzflößerei noch sehr notwendig habe. Nach dieser Zeit würde er sich zum Strafvollzug stellen. Man kam der Bitte des alten Aab nach, erwartete aber, dass er sich dann auch unfehlbar stelle, da man diese Sache nicht länger aufschieben könne.[Scheiterholz-Flößen im Herbst: Kürzere Stämme und Stammstücke schwimmen lose die Flüsse hinab. Die Flößer stehen am Ufer und bugsieren das Holz mit langen Stangen um die Flusskrümmungen herum und durch die Wehre. Das Scheiterholz dient als Brennholz.]
Bittgesuch der Gemeinde Niefern für Jacob Knodel und Joseph Gräßle vom 10. März 1805
Die beden hiesigen Bürger Jakob Friedrich Knodel und Joseph Gräßle, welche sich bei der im letzten Sommer zwischen dem Pforzheimer Jäger-Corps und mehreren hiesigen Gemeindemitgliedern vorgefallenen höchst traurigen Schlägerei verfehlt hatten, und deswegen laut bekannt gemachten Strafurteils vom Churfürstl. Oberhofgericht zu Rastatt nicht nur zum 6 wöchentlichen Schellenwerken, sondern auch zu Stock- und Thurnstrafe kondemniert [verurteilt] wurden, machten bey uns, den geistlichen und weltlichen Vorgesetzten, die Anzeige, daß sie nothgedrungen entschloßen wären, bei höchster Behörde um gnädigste Strafmilderung supplicando einzukommen, wozu sie aber ein glaubwürdiges Attestat von ihren Vorgesetzten nöthig hätten, um sich damit gehörig legitimieren zu können.
Indem wir nun kraft unserer Pflichten ihrem Wunsch willfahren, bezeugen wir hier vor allen Dingen, daß bede Männer äußerst arme Taglöhner sind, die sich das ganze Jahr hindurch blos von ihrer Hände Arbeit nähren und folglich, sobald der Verdienst aufhört, mit ihren Familien darben und Noth leiden. Daraus ergiebt sich nun die natürliche Folge, dass obige Strafe, wenn sie pünktlich exekutiert werden sollte, unter solchen Umständen sie und die Ihrigen nothwendig ins Verderben stürzen würde. Da sie nun zu dem ihnen angeschriebenen Verbrechen durch die schrecklichste Misshandlung gereizt worden sind, indem Knodel, der gerade auf dem Kampfplatz als Gänsehirte seine Heerde waidete, unschuldig geschlagen und verwundet, und Gräßle durch einen Flintenschuß getroffen worden war, da bede nur einen ganz wüthend gewordenen Flößer zu bändigen suchten und außerdem keinen weiteren Menschen beleidigten, da Gräßle seine Hände dabei nicht verbesserte [sich nicht bewaffnete] und Knodel sich in seinem übrigen ganzen Leben als einen fleißigen, stillen und äußerst friedlichen Mann auszeichnete; da endlich bede zu diesem in der Übereilung begangenen Fehler durch den stürmenden und allzu heftigen Anfall der Gegner gleichsam genöthiget wurden, so werden sie von der ganzen hiesigen Gemeine bemitleidet. Wenn nun dergleichen Fehler unter solchen Umständen immer gelinder beurtheilt und nie nach der Strenge des Gesetzes geahndet werden, so glauben wir, dass man auch diesen Männern Gnade wiederfahren laßen könnte.
Es sey uns daher erlaubt, bede Bürger der schonenden Milde des höheren Richters mit gegenwärtigem Attestat aufs angelegentlichste zu empfehlen, und unsere Bitte mit der ihrigen zu verbinden, dass ihre empfindliche Strafe gnädigst gemildert werden möchte.
J. Fr. Wagner, Pfarrer Jacob Goßweiler
Schultheiß Hofsäß Georg Martin Schwarz
Anwald Huber Jeremias Kunzmann
Elias Wilhelm Georg Zahnlecker
Bittgesuch des Stahlgraveurs Christoph Zeh.
Zu den unglücklichen Opfern der Nieferner Schlägerei gehörte in erster Linie der Stahlgraveur Christoph Zeh aus Pforzheim. Er schrieb im Oktober 1804 an das Oberamt:
Bekanntlich ist der hiesige Mechanicus Zeh, der gewiss kein händelsüchtiger Mann ist, von der Gemeinde Niefern beinahe tot geschlagen worden. Da nun aller Hilfe des Herrn Landchirurgus Schmidt ohnerachtet, seine Nerven noch sehr schwach und seine Augen, die so nötigen Gehülfen bei pünktlicher Arbeit, noch so weit zurück sind, dass Herr Landchirurgus Schmidt nicht glaubt, für lange Zeit dieselben wieder in brauchbaren Zustand zu stellen, Zeh auch bekanntlich nicht mehr als seinen täglichen Verdienst hat so sieht sich der selbe genötigt, das Churfürstliche Oberamt gehorsamst zu bitten, die Gemeinde Niefern anzuhalten, ihm, solange er nicht arbeiten kann, seinen Arbeitslohn darzureichen, welcher sich wöchentlich auf 8 Gulden beträgt, einstweilen aber, da seinem schwächlichen Körper nicht die gehörige Nahrung gereicht werden kann, ihm aus der Churfürstlichen Kasse so viel vorzuschießen, als die abgeloffene Zeit ausmacht. Wie viel auch dem hiesigen Herrn Entrepreneur daran gelegen ist, dass Zeh bald wieder hergestellt werde, ist dem Churfürstlichen Oberamt bekannt. Übrigens sieht der Unterzeichnete der baldigen hülfreichen Gewährung seiner Bitte entgegen und beharrt unter schuldigem Respekt
Gehorsamer Diener Christoph Zeh.
In einem weiteren Schreiben des Fabrikarbeiters Zeh ist zu lesen:
Bekanntlich bin ich bei der in Niefern vorgefallenen Geschichte, nachdem die Jäger abgezogen durch einen Steinwurf zu Boden gestreckt, sodann von einer Menge Bauern mit Prügeln so zugerichtet worden, dass man mich für tot hielt; ich kam aber durch die Bemühungen einiger gutherziger Menschen und dann durch die tätige Hilfe der hiesigen Herren Ärzte und Wundärzte gegen alle Erwartung nach einem langen schmerzhaften Lager wieder so weit, dass ich am Stecken gehen lernte. Endlich gelang es mir auch, diesen entbehren zu können, aber meine zerrütteten Nerven , meine Augen, die ihre natürliche Lage durch die barbarische Behandlung der Nieferner Bauern verloren haben, leisten mir nicht mehr die zu meinem Fach gehörige nötige Dienste. Ich sehe manche Sache doppelt, aber undeutlich, manche ganz finster, ohnerachtet ich bis jetzt alles Mögliche anwandte, um meinen Augen die natürliche Richtung und Nervenkraft zu verschaffen. Alle Hoffnung ist verschwunden, dass ich wieder imstande sein werde, diejenigen Dienste zu leisten, die ich jederzeit geleistet habe.
In dieser verzweiflungsvollen Lage, in die mich die Unmenschen von Niefern stürzten, wäre der Tod eine Wohltat für mich, da ich nichts besitze, als was ich täglich verdiene. Dieserwegen bitte ich sämtliche Herrn Entrepreneur mir die nötigen Zeugnisse meiner Fabricatur und meines gehabten Verdienstes gefälligst beizulegen oder beizusetzen, damit ich solches einem Kurfürst. Hochlöbl. Oberamt vorlegen und um diesfallsige Entschädigung so weit es in Menschenhänden steht, bitten kann.
Zeugnis der Fabrikherrn für den Graveur Zeh
Zeugnis von Gebrüder Kiehnle und Co.
Dass Arbeiter Zeh als ein geschickter ,rechtschaffener und in seiner Kunst ausgezeichneter Mann einen wöchentlichen Lohn von Gulden Acht bei uns erhalten hat. Dieß bestätigen wir Kraft unserer Unterschrift.
Pforzheim, den 7. October 1804. Gebrüder Kiehnle und Consorten.
Das Nämliche bezeugen auch Beyard und Comp.
Bericht der Ortsvorgesetzten über die Lage des Huttenloch
Dem Bauer Huttenloch in Niefern ging es nicht besser als dem Arbeiter Zeh in Pforzheim. Er war arbeitsunfähig und forderte Schadenersatz für den ihm zugefügten Leibesschaden von den Jägern. Schon im November 1804 berichtete das Gesundheitsamt an das Pforzheimer Oberamt: Die körperliche Verfassung des erst 33-jährigen Bürgers Christian Huttenloch von Niefern, bei dem gleich nach dem bekannten Scharmützel sowohl als noch einige Zeit nach demselben alle nur mögliche Hilfe, doch nicht mit der gewünschten Hoffnung angewendet wurde, ist von dem dortigen in seinem Amt ohne hin eifrigen Herrn Pfarrer Wagner (die überflüssige Declamation über Grausamkeit usw. abgerechnet) in dem Anschluß trotzdem geschildert, dass ich dieser Beschreibung nichts weiter beizusetzen vermag.
Wenn ich aber auch zugleich bei dieser Gelegenheit, die nächste Ursache des in ihm damals plötzlich entstandenen Schlagflusses nach theoretischen Grundsätzen berücksichtige, so ist solche wohl eher in dem unvermuteten Schrecken und der heftigen Alteration des unmittelbar in dem auf ihn losgedrückten Flintenschuss zu suchen, weil jene auf seiner Brust vorgefundenen Schrote nur durch die Haut und folglich nicht so tief eingedrungen sind, als dass daher eine traurige Wirkung in seinem Kopf hätte entstehen können.
So ist daher wegen seiner undeutlichen Aussprache und die Unbrauchbarkeit seines rechten Armes zu harten Arbeiten meines Erachtens das Urteil ebenfalls dahin zu fällen, dass a) durch innerliche Mittel gegenwärtig wenig oder gar nichts mehr auszurichten sein, und dass ihm b) vorzüglich an dem Arm ein permanentes Übel übrig bleiben dürfte. Wenn das im künftigen Sommer anzuwendende Wasser das unserem Körper angemessene und in dergleichen Fällen längst erprobte Wildbad...........gänzlich zu heben----------allenfalls die hierzu dienliche Eigenschaft besitzt. Gyser.
(Diese vorgeschlagene Kur zur weiteren Herstellung des Huttenloch soll vorgenommen werden, so weit zu einer solchen noch Hoffnung ist.)
Im März 1805 berichtete die Gemeinde Niefern über die finanzielle Lage des Huttenloch:
Nach gerichtlichem Anschlag besitzt derselbe ein reines Vermögen von 448 Kreuzern. Dazu hat er gegenwärtig 2 Kinder, nämlich ein Söhnlein von 5 ¼ Jahren und ein Töchterlein von 2 ½ Jahren. Da derselbe außer einem halben Häuslein auch einige Güterstücke besitzt, so ernährte er sich bisher mit ihrem Bau, teils mit Taglöhnern. Seine Güter, welche meist von geringer Qualität sind, reichten ihm aber kaum, das nötige Brot auf ein halbes Jahr; er arbeitete also die übrige Zeit hindurch als Taglöhner, so dass man ihm wenigstens im ganzen Jahr 150 Tage anrechnen darf, wo er im Durchschnitt täglich 24 Kreuzer, also jährlich 60 Gulden verdiente.
Sein Körper ist gegenwärtig noch so beschaffen, dass er nicht nur zum Taglöhnern ganz untüchtig ist, sondern auch seinem Hauswesen nicht vorstehen kann. Bei der gänzlichen Lähmung seiner rechten Hand empfindet er auch noch große Mattigkeit in allen Gliedern und Schmerzen an jenen Teilen, die durch den Schuss verletzt wurden. Wenn sich nun das Übel in Zukunft nicht bessert oder wenigstens vermindert, so bleibt er sein ganze Leben hindurch zu allen Geschäften unfähig. So pflichtmäßig wir dies alles angeben, ebenso gewiss hoffen wir, dass man höheren Orts für diesen unglücklichen Mann sorgen werde, zumal da er ganz unschuldig in dieses Elend geraten ist.
Niefern, den 26. März 1805. Schultheiß Hofsäß, Anwalt Huber usw.
Die Hoffnung des Huttenloch und seiner Ortsvorgesetzten auf staatliche Hilfe erfüllte sich nicht. Im November 1805 äußert sich das Hofgericht in Rastatt wie folgt:
Huttenloch fordert Ersatz für seinen bleibenden Schaden zum separaten bürgerlichen Rechtsaustrag [(in einer Zivilklage]: Aus der Untersuchung habe sich hinlänglich ergeben, dass er ohne sein Verschulden sei verwundet worden, und auf diese könne er sich beziehen. Was seinen körperlichen Zustand anbelange, so habe sich solcher mehr verschlimmert als verbessert, indem sein rechter Arm steif, und die Hand an demselben gelähmt sei. Dabei fühle er häufige Engbrüstigkeit, und jede Veränderung des Wetters verspüre er an seinem Körper. Daraus werde man schließen können, dass er mit Bauernarbeit, welche sein einziger Nahrungszweig gewesen sei, nichts mehr verdienen könne; und da er auch nur äußerst wenig im Vermögen besitze, so sei er durch die Schüsse brotlos geworden. Seine Forderung nach Entschädigung richtet er an das Jäger Corps , denn nur durch ein Mitglied des Corps müsse er den Schuss erhalten haben. Die Höhe der Entschädigung überlasse er richterlichem Ermessen.
Dr. Roller, der den Huttenloch behandelt hat, soll Auskunft über dessen körperlichen Zustand geben. Herr Mahler wird angewiesen, die Mitglieder des ehemaligen Jäger Corps zu versammeln, um einen Beauftragten zu bestimmen, der das Corps im Prozess gegen Huttenloch vertritt.
Mahler und Geiger, die ehemaligen Offiziere des Jäger Corps, erklären folgendes:
1.Habe sich aus der Untersuchung wenigstens der halbe Beweis ergeben, dass Huttenloch von keinem Mitglied des Jägercorps, sondern von dem Jägerburschen Melter geschossen worden.
2.Habe sich aus der Untersuchung auch ergeben, dass mit Büchsen, wie sie die Mitglieder des Corps mit sich geführt hätten, Huttenloch in der Entfernung, in welcher er gestanden, nicht auf solche Art hätte verwundet werden können. Huttenloch soll binnen 14 Tagen beweisen, von welchem Mitglied des Jäger Corps er angeschossen wurde, oder welches Mitglied überhaupt auf die Nieferner Bauern geschossen habe.
Schließlich erhielt Huttenloch den Bescheid, dass seine Entschädigungsklage gegen die Mitglieder des vormaligen Jägercorps abzuweisen sei. Darauf appellierte er an das Hofgericht, ihm das Armenrecht zu gewähren und einen Sachwalter ex officio für ihn zu bestellen, indem er ein blutarmer und nunmehr krüppelhafter Mann sei.
Juristische Bewertung der Zivilklage des Huttenloch gegen das Jäger Corps
[Ein kluger Jurist untersucht genau, ob Huttenloch bei einer Zivilklage Aussicht auf Erfolg hat. Dieses Kapitel kann sich der juristisch ungebildete oder uninteressierte Leser ohne weiteres ersparen.]
Der Bürger Christian Huttenloch wurde bei den bekannten Nieferner Schlaghändeln, indem er auf das Sturmgeläut in der Meinung, dass es brenne, mit einem Feuereimer herbeilief, durch einen Schuss auf die Brust verwundet. Die Folge hiervon ist, dass er einen seiner Arme zum Arbeiten nicht mehr gebrauchen, und seitdem mit der Sprache nicht mehr recht fortkommen kann, und die Ärzte haben dies für einen damnum permanens (Dauerschaden) erklärt. Da dieser Mann nicht mehr als 448 Kreuzer im Vermögen besitzt und sich mit Taglöhnern neben einer Frau und 2 noch unerzogenen Kinder ernähren müsste, aber zum Arbeiten im Taglohn untüchtig geworden ist, so hat er hiermit den größeren Teil seiner Nahrung verloren. Bei der in der Nieferner Untersuchungsgeschichte vom K. Hofgericht ergangenen Urteil wurde Huttenloch wegen seiner etwa zu fordernden Entschädigung zum separaten bürgerlichen Rechtsaustrag verwiesen. Und in Gefolg dessen hat er seine Entschädigungsklage unter Bezug auf die in den Untersuchungsakten vorkommenden facta gegen das vormalige hiesige bürgerliche Jäger Corps angestellt, und es fragt sich nun
Ob Huttenloch überhaupt und gegen wen eine Entschädigungsklage anstellen könne?
Dass Huttenloch in thesi eine Entschädigungsklage anzustellen berechtigt sei, scheint mir außer Zweifel zu sein, indem er in negotio civico (in bürgerlicher Pflicht), nämlich in der Meinung, dass das Sturmläuten ein entstandenes Feuer signalisire, unter die streitenden Parteien geriet, hiermit von seiner Seite es ohne Verschulden geschah, dass er verwundet wurde. Somit ist Huttenloch in thesi zur Anstellung einer Entschädigungsklage berechtigt.
Die Frage ist aber, wer ihn zu entschädigen für schuldig erkannt werden könne? Dies hängt von der weiteren Frage ab, ob und welche Anzeigen vorhanden, von wem Huttenloch verwundet worden, und welche ernstliche Wirkung in Absicht auf die von ihm verlangt werdende Entschädigung diesen Anzeigen beizulegen seien?
Nach den Untersuchungsakten ist die größte Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass H. nicht von jemand anderem als von einem Mitglied des Jäger Corps könne verwundet worden sein, indem das gesamte Jäger Corps bei den entstandenen Händeln mit Schießgewehren versehen war, und es dabei unbewiesen ist, dass von Seiten der Jäger wirklich geschossen wurde, andererseits es in den Untersuchungsakten nirgends vorkam, dass ein Nieferner Einwohner zur Zeit der Händel mit einem Schießgewehr erblickt wurde. Es hat aber das Jäger Corps den Jägerburschen Carl Friedrich Melter von Weisweil als denjenigen angegeben, welcher unter die Bauern solle geschossen haben, und es hat auch ein Zeuge, nämlich der Fuhrmann Knäußle von hier, eidlich erhärtet, dass er neben dem Melter gestanden, als er unter die Nieferner geschossen. Melter wurde aber von dem Hofgericht in Ansehung dieser Beschuldigung ab instantia absolviert [ freigesprochen], vermutlich aus folgenden Gründen:
1. Weil nach dem Edikt über die Strafgerechtigkeitspflege die eidliche Aussage eines Zeugen in wirklich peinlichen Fällen nur dann als ein halber Beweis gegen den Angeschuldigten anzusehen ist, wenn dieser schon anderweit eine anrüchige Person ist, welches aber bei dem Jägerburschen Melter so wenig der Fall war, dass er vielmehr von seinen Vorgesetzten das beste Zeugnis über seine bisherige Aufführung erhielt.
2. Weil die Deposition des Zeugen Knäußle mit den Angaben des H. im Widerspruch stund, indem ersterer behauptete, dass Melter an der Haustüre des Lammwirtshauses unter die Nieferner geschossen habe, wogegen H. mehrfach und standhaft darauf blieb, dass er aus einem Fenster im oberen Stock des Lammwirtshauses den Schuss erhalten habe.
3. Weil kein vernünftiger Grund abzusehen ist, warum Melter unter die Einwohner sollte geschossen haben, indem er mit diesen so wenig in die Händel verwickelt war, so wenig er zur Partei des Jäger Corps gehörte, und überhaupt nur ungefähr kurz vor den entstandenen Händeln nach Niefern kam, sich kurz da aufhielt und ruhig benahm.
Aus den nämlichen Gründen wird aber auch im Zivilverfahren der Deposition des Zeugen Knäußle gegen den Melter die Kraft eines halben Beweises nicht können beigelegt werden. Gesetzt aber auch diese Deposition hätte die Kraft eines halben Beweises, so könnte doch dem H. kein Suppletorium gegen den Melter auferlegt werden, indem ersterer behauptet, dass er nicht von der Stelle aus, von welcher Melter solle geschossen haben, sondern aus einem Fenster im oberen Stock des Lammwirtshauses den Schuss erhalten habe. Indem könnte Melter das Purgatorium [Fegefeuer] auferlegt werden, oder H. könnte demselben einen Eid deferiren [anbieten], was im Grund auf eines hinauslief. Allein H. hat nun einmal nicht gegen den Melter, sondern gegen die Mitglieder des hiesigen Jäger Corps seine Entschädigungsklage angestellt.
Es fragt sich also, ob gegen irgend ein Mitglied des Jäger Corps Verdachtsgründe vorhanden seien, dass es entweder den H. durch einen Schuss verwundet, oder überhaupt geschossen habe?
Ich weiß nicht, ob das Hofgericht den Jäger Carl Beck deswegen mit einer so harten Strafe belegt habe, weil es ihn allenfalls in Rücksicht des Schießens für den Verdächtigsten hielt, oder ob ihm diese Strafe vielmehr aus dem Umstand angesetzt wurde, weil er nach den Angaben der Nieferner sich bei den Händeln am meisten ausgezeichnet hatte. Allein, man mag das eine oder das andere annehmen, so sind doch bei weitem nicht so viele indicia (Verdachtsmomente) gegen den Beck vorgefunden, dass dieselben nur einen halben Beweis gegen ihn ausmachen könnten, Da nun aber im Zivilverfahren, in welchem gegenwärtige Sache nunmehr verhandelt wird, wenn der Beck nicht absolviert, derselbe auch durch Zeugen, Urkunden oder eigenes Geständnis nicht vollkommen überwiesen werden kann, dem Richter nichts anderes übrig bleibt, entweder auf ein Suppletorium oder auf ein Purgatorium zu erkennen, so blieb auch in gegenwärtigem Fall nichts anderes übrig, als entweder auf eine Purgatorium, welches von dem Beck, oder auf ein Suppletorium, welches von dem Huttenloch auszuschwören wäre, zu erkennen. Das Purgatorium ist keinem Anstand unterworfen, ein Suppletorium kann aber den Huttenloch gegen den Beck nicht zuerkannt werden, weil Huttenloch nach eigenem Geständnis nicht weiß, durch wen er verwundet worden.
In einer Entschädigungsklage gegen den Beck findet also Huttenloch wenig Trost, und zwar um so weniger, da eine solche Klage gegen denselben am Ende doch actio inanis [Aktion, die ins Leere geht] wäre, indem Beck wenig oder nichts an Vermögen hat.
Nun entsteht noch die letzte Frage, ob nicht das ganze Jäger Corps den Huttenloch zu entschädigen für schuldig könne erkannt werden? Im allgemeinen sind die socii delicti [gemeinschaftliche Vergehen] ebenso wie der auctor [Urheber, Anstifter] ad reparationem damni delicto dati [Wiedergutmachung des entstandenen Schadens] verbunden. Allein dann muss auch erwiesen sein, wer auctor oder socius delicti gewesen sei. In gegenwärtigem Fall ist aber nicht einmal erwiesen, dass von Mitgliedern des Jäger Corps sei geschossen worden, sondern dies ist bloß wahrscheinlich, es kann also von einem erwiesenen auctor oder socius delicti keine Rede sein. Zwar gibt es Verbrechen, bei deren Verübung, wenn der auctor nicht ermittelt werden kann, auch der bloße Beweis einer Teilnahme im allgemeinen hinreichend ist, um einen solchen Teilnehmer entweder mit der gesetzliche Strafe des Verbrechens oder mit einer poena extraordinaria [besonderen Strafe] belegen zu können. So verordnet art. 148 C.C.C,. wo von den Teilnehmern eines Totschlags gehandelt wird:
„Wenn aber der entleibt, durch mehr denn einen, die man wüsst, gewehrlicher Weis tödlich geschlagen, geworfen oder gewundt worden, und man kündt nicht beweislich machen, von welcher sonderlichen Hand und Tat er gestorben wär, so sein dieselben, so die Verletzung wie obsteht getan haben, alle als Totschläger vorgemeldter Maßen zum Tod zu strafen.“
Allein, man sieht leicht ein, dass diese gesetzliche Disposition in gegenwärtigem Fall auf das Jäger Corps nicht könne angewendet werden, indem termini habiles [passende Fachausdrücke] fehlen, denn
1. unterstellt das Gesetz, dass man erwiesenermaßen diejenigen kenne, welche einen Menschen tödlich geschlagen haben, nur dass man nicht wisse, von welchen er in specie tödlich geschlagen worden. In der Anwendung auf unseren Fall würde also erwiesen sein müssen, nicht nur dass einige von den Jägern geschossen haben, sondern auch wer diese einige gewesen seien. Nun ist ersteres bloß wahrscheinlich und letzteres lediglich nicht erwiesen, folglich findet auch das Gesetz auf diesen Fall keine Anwendung.
2. ist obige Verordnung ein ganz spezielles Gesetz gegen die Teilnehmer des Totschlagens, kann also nicht auf andere Fälle ea paritate rationis nicht angewendet werden. Dies erhellet aus dem Gesetz selbst, wenn dasselbe nach der oben allegierten [angeführten] Stelle unmittelbar weiter verordnet:......................
3. ist noch zu bezweifeln, ob dieses Criminalgesetz, welches bloß über die Strafe disponiert, im Civilverfahren über Entschädigung angewendet werden kann.
Anders würde sich die Sache verhalten, wenn die Jäger sich vorher zu einem Angriff auf die Nieferner verabredet hätten. Dann wären alle einzelnen Mitglieder als socii delicti zu betrachten, und sie müssten die Folgen auf sich nehmen. Allein nach den Untersuchungsakten ergibt sich gerade das Gegenteil, indem die Händel improviso entstanden, die eigentlichen Tätlichkeiten von den Niefernern angefangen wurden und keine Spur von vorheriger Verabredung vorhanden und die Jäger nur nacheinander in die Händel verwickelt wurden.
Auf dieser Grundlage können die gesamten Jäger oder das Corps nicht für schuldig erkannt werden, den Huttenloch zu entschädigen. Demnach wird dem Huttenloch nichts anderes übrig bleiben, als den Mitgliedern des Corps einen Eid zuzuschieben: „dass er weder ihn, den Huttenloch durch einen Schuss verwundet habe, noch überhaupt unter die Nieferner bei den Händeln geschossen habe, und ebenso wenig auch wisse, wer den Huttenloch verwundet oder überhaupt unter die Nieferner geschossen habe“.Kommt hierbei, wie beinahe zu erwarten ist, nichts heraus, so dürfte man den Huttenloch, welcher ein armer Mann ist und unverschuldet in dieses Unglück geriet, der Gnade Serenissimi zu einer Unterstützung empfehlen.
Pf. den 28.Feb. 1806
[Der Taglöhner Christian Huttenloch starb 1833 im Alter von 64 Jahren. Als Tagwächter verdiente er ein paar Kreuzer für seinen Lebensunterhalt.]
Kosten der Untersuchung
Damals wie heute arbeitete die Justiz und jede anderer Behörde nicht umsonst. Jedes Schriftstück, jedes Protokoll kostete Geld, im Durchschnitt 21 Kreuzer. Der Feldmesser Lorenz Stark fordert für die Anfertigung einer Zeichnung vom Platz, wo die Händel stattfanden, 4 Gulden 30 Kreuzer. Der Amtsdiener Schmolk bekommt für seine Botengänge 11 Gulden. Die Ärzte müssen für ihre Kutschfahrten nach Niefern, die Eheleute Kolb aus Öschelbronn für den weiten Weg nach Pforzheim entschädigt werden. Der Herr Spezial Holzhauer verlangt für die Vorbereitung zweier Zeugen auf die Eideshandlung 1 Gulden. Usw.
Die Untersuchungskosten haben die schuldigen Jäger und Flößer zu drei Vierteln zu bezahlen. Davon werden abgerechnet 20 Gulden, welche der Graveur Mahler, und 10 Gulden, welche der Adlerwirt Geiger zu übernehmen hat. Das erste Viertel der Untersuchungskosten soll von den Niefernern getragen werden, und zwar von Martin Gräßle, Joseph Gräßle, Friedrich Knodel und Christian Lindenmann von Nussbaum. Da diese Leute vorderhand kein Vermögen besitzen, soll das Viertel von der Justizverwaltung übernommen werden, jedoch hat Schultheiß Hofsäß 10 Gulden davon zu leisten. Alles in allem belaufen sich die Kosten auf 180 Gulden. Hiervon fallen auf die Jäger und Flößer 135 Gulden, auf die Bauern 45.
Aber noch im Oktober 1807 müssen säumige Zahler ermahnt werden.
° Dem Steinschleifer Huber wird beditten, dass er nunmehr unverzüglich Zahlung leisten soll, der schuldige Betrag wird ihm auf einem Zettel notiert.
° Stahlarbeiter Zeh gibt an, dass er nicht bezahlen kann, da er kein Vermögen habe und ihm auch der Verdienst mangle. Sein Sohn erklärt, dass er zur Vermeidung eines Falliments (Bankerotts) die Schulden des Vaters übernehmen will.
° Buchbinder Katz wird aufgefordert, unverzüglich zu bezahlen.
° Wegen des abwesenden Beckh, dessen Pfleger inzwischen verstorben ist, wird die Stadtschreiberei angewiesen, zu untersuchen, ob und wie viel Vermögen der Beckh hat.
° Dem Küfer Köß wird auferlegt, seine Schuldigkeit zu bezahlen. Dieser erbittet eine Frist bis zum Herbst, die ihm auch genehmigt wird.
° Bürgermeister Schlafer von Büchenbronn soll für seinen Schwager Carl Beckh die schuldigen Gelder von 8 Gulden 10 Kreuzer bezahlen.
Die Kurkosten [Kosten für Arzneimittel und ärztliche Behandlung] für sämtliche verwundeten Bauern haben die Jäger und Flößer miteinander zu tragen. Die Flößer haben ihre Kurkosten selbst zu tragen. Auch der Graveur Zeh muss seine Kurkosten selbst leiden. Doktor Roller und Landchirurg Schmidt fordern insgesamt 133 Gulden. Auf jeden Jäger oder Flößer entfallen durchschnittlich 3 bis 4 Gulden. Der Fabrikant Zeh muss 10, der Flößer Mürrle 14 Gulden bezahlen
Vergangen und Vergessen
Im Laufe der Zeit wuchs nicht nur Gras über diese Geschichte, sondern neue Ereignisse, Kriegsnot und Mangel beschäftigte die Menschen in Stadt und Land. Napoleon siegte in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz über Österreicher und Russen. Badische Soldaten dienten ihm als Hilfswillige, und wenn sie auch nur zum Bewachen und Transportieren von russischen Gefangenen eingesetzt wurden. Franz II legte die Deutsche Kaiserkrone nieder, das Deutsche Reich existierte nicht mehr. Der Sieger Napoleon reiste von Wien nach Stuttgart und weiter nach Karlsruhe. An der badisch-württembergischen Grenze, auf der Landstraße zwischen Enzberg und Niefern, hatte man ihm einen Triumphbogen errichtet, Bürger und Schulkinder jubelten ihm und seiner Gemahlin Josephine zu. Badische Offiziere begleiteten den Monarchen von hier an zu Pferd über Pforzheim nach Karlsruhe, wo er am 20. Januar feierlich empfangen wurde, und wo die Vermählung des badischen Erbprinzen Karl mit Stephanie von Beauharnais, der Adoptivtocher Napoleons, eingefädelt wurde. Die einzige Tochter aus dem württembergischen Hause „durfte“ den Bruder Napoleons, den nunmehrigen König Jerôme von Westfalen heiraten. Baden wurde Großherzogtum, Württemberg sogar Königreich.
Es folgte der Feldzug Napoleons gegen Preußen und Russland , die Schlacht bei Jena und Auerstädt und der Friede von Tilsit. Auch hierbei durften badischen Soldaten mitkämpfen und badische Bürger die Kosten des Krieges mittragen. 1810 wurden die württembergischen Orte Kieselbronn und Öschelbronn badisch und dem Oberamt Pforzheim eingegliedert. Baden war zum Satelliten Frankreichs geworden, aber es hatte sich innerhalb weniger Jahre auf das Vierfache seines ehemaligen Umfanges vergrößert (von knapp 4 000 auf gut 14 000 Quadratmeilen) und seine Bevölkerung verfünfacht (auf rund 900 000 Einwohner).
Am 10. Juni 1811 starb Großherzog Carl Friedrich im Alter von 81 Jahren. Sein Leichnam wurde in feierlichem Zuge von Karlsruhe nach Pforzheim überführt und in der Schlosskirche in der Gruft seiner Väter beigesetzt. Er musste es nicht mehr erleben, wie Tausende seiner geliebten Untertanen auf den Schlachtfeldern Russland unter Napoleons Fahnen verbluteten und erfroren, als Preis für den Ruhm und Glanz des Großherzogtums Baden.
Von der blutigen „Bataille“ beim „Lamm“ in Niefern blieb nichts in der Erinnerung der Pforzheimer und Nieferner Bürger erhalten oder wurde mündlich an die folgenden Generationen weitergegeben. Nur in vergilbten Akten im Generallandesarchiv in Karlsruhe kann man diese Geschichte in allen Einzelheiten nachlesen.
Zeittafel: Zeitalter Napoleons
1789
Beginn der Französischen Revolution
1792
Erster Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich.
Baden und Württemberg kämpfen an der Seite Östereichs.
1795
Zweite Polnischen Teilung: Preußen annektiert die Provinz Posen.
1795
Baden schließt Sonderfrieden mit Frankreich.
In Niefern übernimmt Friedrich Hornbacher die Papiermühle.
1796
In Niefern wird der Wagner Wilhelm Hofsäß zum Schultheiß gewählt.
1797
Einquartierung kaiserlicher Truppen in Niefern das ganze Jahr über.
1792
Zweiter Koalitionskrieg gegen Frankreich.
Badische und württembergischen Truppen kämpfen an der Seite Frankreichs gegen Österreich und Bayern.
1803
Der Reichsdeputationshauptschluss teilt Deutschland neu auf.
Baden wird Kurfürstentum und vergrößert sich durch Säkularisierung (Kirchenbesitz wird eingezogen) und Mediatisierung (Reichsstädte werden der Landeshoheit unterworfen). Die rechtsrheinische Pfalz wird badisch.
Ca 80 Personen aus Niefern und Öschelbronn wandern nach Preußisch-Polen aus.
1804/1807
Code civile (Code Napoleon): Einführung der Zivilgesetzgebung in Frankreich und zum Teil auch in Baden.
1804
Blutige Schlägerei in Niefern zwischen Pforzheimer Jägern und Flößern und Nieferner Bürgern.
1805
In der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz.siegt Napoleon über Österreicher und Russen. Baden, Württemberg und Bayern sind mit ihm verbündet. Franz II verzichtet auf die deutschen Kaiserkrone und nennt sich Kaiser von Österreich.
Niefern leidet unter dem Durchzug und der Einquartierung von Truppen.
1806
Triumphbogen für Napoleon an der baden-württembergischen Grenze zwischen Niefern und Enzberg.
Baden wird Großherzogtum, Württemberg wird Königreich.
1812
Napoleon zieht mit der Großen Armee nach Russland ins Verderben Brand Moskaus und Rückzug über die Beresina.
1813
Völkerschlacht bei Leipzig. Baden wechselt die Fronten.
1814
Die Verbündeten ziehen in Paris ein. Napoleon wird nach Elba verbannt.
Wiener Kongress beginnt.
1815
Napoleon kehrt aus Elba zurück und herrscht 100 Tage. Er wird bei Waterloo von Wellington und Blücher geschlagen
Quellen und Nachwort
Quellen:
1. Vernehmungsakten „über die zwischen dem Pforzheimer bürgerlichen Jägercorps und Nieferner Bauern und Flößern vorgefallenen Händel und Verwundungen“.
Generallandesarchiv Karlsruhe II A 9774 Nr. 75300
2. Kirchenbücher der ev. Gemeinde Niefern
3. Pforzheimer Wöchentliche Nachrichten 1804
4. Wolfgang Hug, Geschichte Badens, K. Theiss-Verlag 1992
5. Abbildungen aus alten Postkarten
Das Quellenmaterial wurde vom Autor geordnet, zusammengefasst und in das heutige Deutsch mit moderner Rechtschreibung und Zeichensetzung übertragen. Wörtliche Zitate wurden kursiv gesetzt. Damals gebräuchliche und heute veraltete oder nicht mehr bekannte Ausdrücke und Wendungen wurden teilweise beibehalten, um den Gesamtcharakter der Urkunden zu wahren. Manche wurden, um das Verständnis zu erleichtern, in Klammern übersetzt.
Beispiele für veraltete Ausdrücke:
er sprang davon [er lief davon]
er ist davon geloffen [davon gelaufen]
auf dem Rathaus [im Rathaus]
ohngefähr [ungefähr]
mehrmalen [mehrmals]
inmittelst [inzwischen]
indem [da]
Papiermühle [Papierfabrik]
es wurde ihm beditten [es wurde ihm bedeutet, es wurde ihm deutlich gesagt]
1804 gab es noch keine verbindliche Rechtschreibung im Sinne des Duden. Vor allem der einfache Bürger schrieb, wie man sprach oder wie man es hörte. Auch die Familiennamen wurden nicht einheitlich geschrieben und wechselten je nach dem Schreiber.
Beispiele für verschiedene Schreibweisen von Namen:
Bek, Bekh, Beck, Beckh
Gresle, Gräsle, Gräßle, Grässle
Kaz, Katz; Mezger, Metzger;
Der Autor verwendete einheitlich die Form, die sich eingebürgert hat und bis zum heutigen Tag verwendet wird.
Friedrich Leicht
Niefern-Öschelbronn im Sommer 2004
Plan vom Unterdorf in Niefern.
Erstellt 1900 im Zuge der Einführung des elektrischen Stromes. Die Leitungsmasten sind eingezeichnet. Die beiden Gebäudeteile des "Lamm" sind deutlich zu erkennen. Das Haus links ist zu dieser Zeit die Eisenhandlung Stieß.
Blick auf Pforzheim von der Wurmberger Straße um 1900.
Im Vordergrund rehts Altstädter Brücke und Kirche, darüber die Schloßkirche.
Stahlstich von Th. Rausche.
Alte Flößer um 1900.
Darunter vielleicht Urenkel der jungen Flößer, die sich in Niefern 1804 geprügelt haben.
Untere Au mit Schelmenturm in Pforzheim
Ehemaliges Wohnviertel der Flößer.
Aufnahme 1910
Gasthaus zum "Lamm" um 1900.
Rechts hinter den Bäumen das alte Haus, links daneben das neue Haus.
Im Vordergrund das Kriegerdenkmal von 1870/71.
Das alte Haus ist um diese Zeit die Eisenwaren-Handlung Stieß.
Hauptstraße in Niefern um 1880, damals "Lange Straße".
Rechts Gasthaus und Bierbrauerei Reichert, links Rathaus und Kirche.
Der Kirnbach fließt in gleicher Höhe mit der Dorfstraße.
Ortseingang von Niefern um 1920.
Im Vordergrund Enzwehr und Stellfallen.
Das Gebäude in der Mitte war das alte "Lamm".
Gasthaus zum "Lamm" um 1910, 100 Jahre nach der blutigen Schlägerei.
Rechts davon Eisenhandlung Stieß, früher das alte "Lamm".
Schreiben des Schultheißen Hofsäß an das Oberamt:
Martin Gräßle ist zu seinem Vetter nach Polen entwicken.
Sein Vermögen wurde beschlagnahmt.
Schreiben des Schultheißen Hofsäß an das Oberamt:
Der Lammwirt Stieß hat das Gewehr und den Säbel eines Jägers in der Kammer aufbewahrt.
Zwei Seiten aus dem Vernehmungsprotokoll des Fuhrmanns Friedrich Knäusle vom August 1804
Zusammenstellung der Kurkosten durch den Orts-Chirurgen Winkler
Rechnung des Büchsenmachers Welckers.
"Übersetzung":
Pforzheim, den 16. August 1804
Herrn Katz Buchbinder
Was an der Büchse ist gemacht worden,
wo in Niefern mit einem Wiesbaum
durch einen Bauern ist zerschlagen worden:
Erstens einen neuen Schaft 3,--
einen neuen Stecher 2,--
einen neuen Bügel 1.12
eine neue Kreuzschraube und Schloss repariert 12
eine neue Kappe 1,-
Den Lauf abgeschnitten, die Schwanzschraube weiter
eingepasst, ein Zündloch, den Lauf weiter hinten blau
gemacht und ausgeschmiergelt 48
und geputzt 16
Summa 8 fl 28x
Welcker Büchsenmacher
Personenregister
zu
„Ende einer Floßfahrt“
Blutige Schlaghändel zwischen Pforzheimer Jägern und Flößern und Nieferner Bürgern
beim Gasthaus zum „Lamm“ im Sommer des Jahres 1804
Einwohner von Niefern, die 1804 unmittelbar oder mittelbar an der Schlägerei beteiligt waren.
Michael Bauer , 50 Jahre
Johann Georg Bauer, Papierer, 66 Jahre
Philipp Friedrich Bodamer, Müllerknecht von Höfen, 23 Jahre
Jacob Diehl Kuhhirt, Lumpensammler, 50 Jahre
Johannes Dürrsperger, Bauer, 24 Jahre
Margarethe Dürrsperger, Mutter des Johannes D., 40 Jahre
Lorenz Dürrsperger, 48 Jahre
Conrad Engelsberger, Totengräber, 54 Jahre
Martin Engelsberger, Bauer, 35 Jahre
Jacob Fuchs, Taglöhner, 27 Jahre
Jacob Fuchs, 55 Jahre
Jacob Goßweiler, Bürgermeister, 57 Jahre
Jung Jacob Goßweiler, Sohn des Bürgermeisters, 26 Jahre
Jacob Gräßle, Bäcker, 26 Jahre
Andreas Gräßle, Schreiner und Scharwächter, 45 Jahre
Martin Gräßle, Metzgergeselle, 23 Jahre
Joseph Gräßle, Taglöhner, 30 Jahre
Georg Wilhelm Hofsäß, Schultheiß und Wagner, 46 Jahre
Heinrich Hofsäß, 38 Jahre
Jacob Huber, Anwalt und Leinenweber, 36 Jahre
Christian Huttenloch, Bauer und Taglöhner, 30 Jahre
Martin Kärcher, Musquetier, 19 Jahre
Jacob Friedrich Knodel, Gänsehirt, 34 Jahre
Friedrich Kretz, Zimmermann, 40 Jahre
Martin Kühner, Onkel des Musquetier Kärcher, 33 Jahre
Elias Lehr, Zimmermann, 49 Jahre
Margarethe Lindenmann, Ehefrau des Adam Lindenmann, 30 Jahre
Jacob Lindenmann, Küfer, 35 Jahre
Christian Lindenmann, Wagnerknecht von Nussbaum, 22 Jahre
Friedrich Manz, Schuhmacher, 64 Jahre
Friedrich Manz, Schweinehirt, 28 Jahre
Wilhelm Mezger, Zimmermann, 38 Jahre
Lorenz Mohl, Taglöhner, 18 Jahre
Johann Friedrich Nonnenmacher, Knecht von Höfen, 21 Jahre
Heinrich Schwarz, Schneider, 48 Jahre
Christian Schwarz, Fleckenschütz, 44 Jahre
Adam Schwarz, Schuhmacher, 56 Jahre
Lorenz Stieß, Lammwirt, 40 Jahre
Jung Jacob Wallinger, Bäcker, 30 Jahre
Johann Nicolaus Weeber, Gärtner in Heidelberg, 40 Jahre
Johann Weeber, Weidgesell, Bruder d. Nicolaus, 43 Jahre
Friedrich Weißenböhler, Taglöhner, 23 Jahre
Johannes Wilhelm, Hufschmied, 45 Jahre
Johann Albrecht Winkler, Bader und Chirurg, 38 Jahre
Maria Salome Ziegler, Tochter des Johannes Ziegler, 17 Jahre
Mitglieder des Pforzheimer Jägercorps 1804
Carl Beckh, Bijoutier
Borgnis (der junge Herr Borgnis) 24 Jahre
Johann Burger, Maurermeister
Carl Ehrhard, Bijoutier, 23 Jahre
Fauser, Gehäusemacher
Lienhard Geiger, 2. Offizier, Adlerwirt
Martin Gerwig, Bijoutier, 32 Jahre
Wilhelm Gerwig, Handlungsbedienter, 19 Jahre
Hoffinger, Bierbrauer, Unterjäger
Jacob Hoheisen jun., Glaser, 30 Jahre
Hoheisen sen., Schuhmacher, 36 Jahre
July, Ölmüller, 30 Jahre
Johann Michael Katz, Buchbinder, 31 Jahre
Klein, Feilenhauer aus Ellmendingen, 20 Jahre
Gottfried Knäusel, Fuhrmann
Friedrich Lenz, Buchhalter, Oberjäger, 21 Jahre
Wilhelm Lutz, Seiler, 26 Jahre
Friedrich Mahler, Capitain, Graveur
Johann Reinbold, Fabrikarbeiter
Johann Reinbold, Fabrikarbeiter, 31 Jahre
Johann Friedrich Roller, Bäcker, 28 Jahre
Heinrich Scherb, Schmied, 28 Jahre
Wilhelm Scholpp, Cabinettmeister, Schützenmeister, 52 Jahre
Peter Siegele, Bijoutier
Johann Heinrich Strohm, Fabrikarbeiter, 36 Jahre
Ulmer, Gürtler, 30 Jahre
Christian Vogt, Barbier, 25 Jahre
Heinrich Welker, Büchsenmacher, 35 Jahre
Musikanten des Jägercorps
Adolf (oder Wolf) Brodbeck, Lehrling,16 Jahre
Höcht (?)
Christian Huber, Clarinettist, 21 Jahre
Heinrich Köß, Küfer, Hornist (?) 25 Jahre
Selein (?)
Strohm junior
Philipp Wildersinn, jun.,Glaser, 19 Jahre
Die grün gekennzeichneten Personen wurden für unschuldig befunden.
Junge Flößer aus Pforzheim, die bei der Schlägerei in Niefern 1804 beteiligt waren
Georg Jacob Aab, Sohn des Georg Aab, 22 Jahre
Christoph Aab, Sohn des Ratsherrn Aab, 25Jahre
Johannes Katz, Bruder des Jägers Carl Katz
Jacob Kiehnle, 30 Jahre
Johann Jacob Kiehnle, Bruder des Jacob Kiehnle, 34 Jahre
Christoph Mürrle, Sohn des Flößers Melchior Mürrle, 22 Jahre
Johann Jacob Mürrle, Sohn des Flößers Johannes Mürrle, 22 Jahre
Christoph Wolf , Sohn des Flößers Christoph W., 24 Jahre
Weitere Personen, die im Zusammenhang mit der Schlägerei genannt werden
Der Schultheiß Michel Engel von Enzberg und ein weiterer Bauer von Enzberg.
Andreas Kolb, ein Bürger von Öschelbronn und seine Ehefrau, sein Sohn (11Jahre) und seine
Tochter (13 Jahre).
Der Jägerbursche Karl Friedrich Melter aus Weisweil, 21 Jahre, im Dienst bei seinem Onkel , dem Förster Melter von Eutingen.
Christian Melter, der Sohn des Eutinger Försters.
Johann Georg Mürrle, 26 Jahre, Weidgesell in Eutingen.
Amtspersonen, die an der Untersuchung des Falls beteiligt sind
Herr Roth, Oberamtsverweser in Pforzheim
Herr Carl von Beust, Oberamtsassessor, später Präsident des Hofgerichts in Rastatt
Hofrat Geyser
Oberamtssekretär Christoph Wernlein
Amtsarzt Dr. Christian Friedrich Roller, später Medizinalrat in Heidelberg
Landchirurg Schmidt
Bürger von Pforzheim, die im Zusammenhang mit der Schlägerei in Niefern 1804
erwähnt werden.
Böhringer, Floßinspekteur
Bujard, Sohn des Herrn Bujard, 24 Jahre
Cantilos, Ein Herr, 50 Jahre
Dennig, Der junge Herr Dennig
Essig, Tochter des Sonnenwirts Essich
Ernst Geiger, Unternehmer
Wilhelm Gerwig, Handlungsbedienter, 19 Jahre
Gravenauer, Flaschner
Dorothea Höhl, Ledig
Huber, Stadtsoldat, 50 Jahre
Friedrich Knäusle, Fuhrknecht bei Ratsverw. Aab, 38 Jahre
Korn, Rotgerber, 34 Jahre
Christoph Friedrich Krenkel, Ratsverwandter
Minius, Bijoutier-Fabrikant, 38 Jahre
Johannes Mößner, Holzhauer, 43 Jahre
Richter, Conditor, 50 Jahre
Michael Rohrer, Bauernknecht b. Ratsverw. Aab, 24 Jahre
Caroline Schnaufer, Tochter des Schuhmachers Schn.
Otto Schneider, Flößerzunft-Meister
Weidenmann, Stadtwachtmeister
Wenz, Unternehmer
Christoph Zeh, Stahlgraveur, 52 Jahre
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